Österreich

Auf in die grüne Mark – ein Sommerspaziergang durch Graz

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Sommerzeit – Urlaubszeit ist eine gängige Kombination in dieser Jahreszeit. Wir sind zwar nicht die Sommerurlauber im eigentlichen Sinne, aber als mein Gatte vor kurzem einen Termin in der steirischen Hauptstadt hat, nutzen wir die Möglichkeit, dies mit einem persönlichen Sightseeing zu verbinden.

 

Fakten

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In der Schule haben wir zwar ein paar grundlegende Kenntnisse über die einzelnen Bundesländer Österreichs erworben, darunter auch die Hauptstädte aller Bundesländer und deren Wahrzeichen und das ist es dann auch schon, was mir im Gegensatz zu Wien oder Salzburg zu Graz spontan nur einfällt.

Graz ist die Hauptstadt des Bundeslandes Steiermark und das Wahrzeichen ist der Uhrturm. Aber Graz kann noch viel mehr, Graz ist nämlich mit ca. 291.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Österreichs und bietet eine wunderbare Kombination aus historischer und verwinkelter Altstadt und modernen Ecken. Doch kommt mit und begleitet mich auf einem Spaziergang durch diese wahrscheinlich etwas unbeachtete Stadt in Österreich.

 

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Guten Morgen Graz!

Wir starten unseren Stadtspaziergang bei Sonnenaufgang – zu diesem Zeitpunkt gehört Graz eigentlich uns allein, nur vereinzelte Fußgänger begegnen und und ein paar Radfahrer fahren einsam durch die Gassen, eine Stille, ein Frieden, während die Sonne immer wieder durch die Häuserzeilen blinzelt und dabei höher steigt.

Langsam mehren sich die morgendlichen Geräusche, die ersten Cafes öffnen ihre Türen für die Gäste und der Duft von frischem Gebäck und Kaffee liegt in der Luft – das alles erweckt den Eindruck, wie wenn hier ein Kind erwacht, mal den einen Arm, mal den einen Fuß streckt, sich die schlaftrunkenen Augen reibt und schließlich in den Tag blinzelt.

 

Wohin geht es zuerst?GrazFelsensteig-Wonderfulfity

Natürlich muss das Wahrzeichen von Graz besichtigt werden und da ich es ohnehin liebe, eine Stadt nach Möglichkeit auch immer mal von oben zu sehen, ist der Uhrturm ein perfekter Start für unsere Tour. Da er über der Stadt auf dem Schlossberg thront, können wir ihn bei unserem Anmarsch auch nicht verfehlen. Immer wieder sehen wir ihn zwischen den Häusern auf uns herunterschauen oder seine Turmspitze hoch aufragen.

Für den Aufstieg auf den Berg – wobei hier anzumerken ist, dass es sich um eine Berghöhe von insgesamt 474 m handelt und diese daher keine bergsteigerische Herausforderung darstellt – bieten sich uns verschiedene Möglichkeiten. Analog zum „Omnes viae Romam ducunt“ führen in Graz alle Wege zum Uhrturm: verschiedene kleine Wanderwege, die sich in Serpentinen auf den Schlossberg schlängeln, ein Felsensteig mit 260 Stufen und für alle, die es noch gemütlicher wollen, gibt, es eine Schlossbergbahn und einen Schlossberglift. Wir wollen Graz schließlich erleben und entscheiden uns daher für die Stufen. So erklimmen wir die Felswand Stufe für Stufe, während wir den Schlossbergplatz immer weiter hinter uns lassen.

 

Du musst am Schlossberg stehen…

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Dann stehen wir vor dem Turm, 28 m ragt er in die Höhe und die Zifferblätter mit einem Durchmesser von 5 Meter sind weithin sichtbar. Doch irgendetwas irritiert uns dann doch, wir machen einen Blick auf die Uhr, wir machen noch mal einen Blick auf die Uhr und sehen uns dann fragend an: Wie spät ist es denn nun? Was sagt diese Turmuhr? Was sagt unser Gefühl? Aber nach und nach wird es uns klar: Hier sind die beiden Zeiger vertauscht, der Stundenzeiger ist der größere Zeiger und der kleinere Zeiger gibt die Minuten an.

Idyllisch ist es hier oben, friedlich scheint die Sonne auf uns nieder und weil uns diese Stimmung so gefangen nimmt, genießen wir auch unser Frühstück hier oben. Danach spazieren wird durch den Rosengarten, machen es uns auf der Mauer gemütlich und betrachten die Stadt von oben und es ist so Einiges, was es zu sehen gibt. Wir überblicken die roten Dächer – hier scheint der Dachdecker ganze Arbeit geleistet und alle Häuser mit den gleichen Schindeln versehen zu haben – wir sehen die verschiedenen Kirchtürme aufragen, wir sehen die Mur ihren Weg durch die Stadt suchen, wir sehen…. – ja, was ist denn das? Schwimmt da etwa eine riesige Muschel in der Mur? Doch unsere Eindrücke gehen weiter: was ist denn dort zwischen den roten Dächern zu erblicken? Ist hier mitten in Graz ein Raumschiff gelandet? Das müssen wir uns bei unseren Streifzügen noch genauer ansehen.

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Für den Abstieg haben wir jetzt wieder die gleichen Möglichkeiten wie beim Aufstiegs und für alle, die das Kind in sich herausholen wollen, gibt es hier eine weitere Variante: eine Indoor-Rutsche, die 64 m hoch und 175 m lang ist und eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 25 km/h erreicht. Nach einem abschließenden Spaziergang durch Schlossbergtunnel setzen wir unseren Rundgang fort.

 

Murinsel und Raumschiff

Wir nähern uns der „Muschel“, die wir schon vom Schlossberg aus erblickt haben und die mitten im Fluss schaukelt. Neugierig gehen wir näher – was kann das denn bloß sein? Über einen Steg gelangen wir vom Murufer auf dieses interessante „Ding“, das sich zwar „Murinsel“ nennt, aber wie sich herausstellt ein Boot ist, das hier zwischen den Murufern im Wasser schwimmt. Unter einer Glaskonstruktion finden wir ein Cafe sowie ein Amphitheater und natürlich haben wir wieder einen wunderbaren Blick auf den Uhrturm.

Wir verlassen die Insel über die andere Zugangsbrücke und landen damit am anderen Murufer und hier entdecken wir auch gleich eine weitere Sehenswürdigkeit – das Raumschiff. Futuristisch hebt es sich mit seiner eigenwilligen ovalen Form, mit den „Gucklöchern“, mit der Farbgebung von seiner Umgebung ab, ein Gegensatz zu den roten Ziegeldächern der restlichen Stadt. Es handelt sich hierbei um das Kunsthaus oder das „Friendly Alien“, wie das Bauwerk von seinen Schöpfern genannt wird. Neben Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern befindet sich hier auch das Kunsthauscafe.

 

In den Straßen von Graz

Nun geht es weiter in die Altstadt – Graz ist eine absolut vielfältige Stadt, dabei dennoch größenmäßig bei den kleineren angesiedelt, sodass die Fortbewegung wunderbar zu Fuß möglich ist. Das liebe ich bei solchen Erkundigungen immer besonders, mich treiben zu lassen, dort um eine Ecke zu schlendern, da in eine Gasse einbiegen und zu den Gassen und Gässchen bieten sich in Graz viele Möglichkeiten.

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Einmal geht es zwischen den beeindruckenden historischen Bauwerken auf dem Kopfsteinpflaster dahin – hier eine Hofbäckerei, dort ein Cafe Sacher, da die

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Oper und wir fühlen uns doch gleich ein bisschen nach Wien versetzt.

Dann biegen wir in eine andere Straße oder eher eine schmale Gasse – wir sehen die Schilder an den Häuser über unseren Köpfen, wir schlendern durch die Enge und haben dabei das Gefühl, durch die Salzburger Innenstadt zu spazieren und gleich die Musik von Mozart zu hören.

Auf einem Platz sehen wir eine gigantische Blütenpracht, die sich überall hochrankt, die kunstvoll verzierten Häuser haben größtenteils diese Fensterläden in den verschieden Farben. Auf der Straße stehen Tische und Stühle, an denen die Menschen entspannt sitzen, sich gemütlich unterhalten und den Getränken zusprechen, während die Straßenmusikanten für die musikalische Umrahmung sorgen – diese Stimmung vermittelt doch gleich mal südländisches Flair und wir sind versucht, italienische Laute zu hören. Kein Stress, keine Hektik, sondern diese entspannte Gelassenheit, die auch uns an diesem Sommertag gefangennimmt und mitnimmt.

 

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Mausoleum

Was gibt es noch?

Da sich in Graz die meisten Sehenswürdigkeiten zentral sammeln, gelangen wir auch ohne fixen Plan zu den verschiedenen Highlights – die optimale Kombination aus Sightseeing und entspanntem Spazierengehen, das sich hier uns bietet:

  • Doppelwendeltreppe: sie besteht aus zwei Steintreppen, die sind ineinander schlängeln
  • Mausoleum: es wurde von Kaiser Ferdinand II. errichtet und ist mit den türkisen Türen von Weitem erkennbar
  • Landhaus: es ist ein schöner Renaissancebau, der mit einem tollen Arkadeninnenhof beeindruckt
  • Rathaus: der pompöse Bau beherrscht den Hauptplatz

 

Viele weitere Gebäude und Denkmäler säumen unseren Weg, was mir aber immer wieder besonders gefällt, sind diese kleinen Nebensächlichkeiten – hier eine Zeichnung am Gehsteig, dort ein Gemälde an der Wand, dann wieder ein Zitat in einem Fenster.

 

Lass Graz erklingen!

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Während wir die Gasse entlang schlendern, hören wir plötzlich von der Ferne Musik und mit jedem Schritt wird sie lauter. Das klingt doch nach Abba, das klingt doch nach „Dancing Queen“ – wir nähern uns einer Querstraße und dann sehen wir auch eine Menschenmenge die Gasse heraufkommen. Was ist hier los? Ist das eine dieser Demos? Vorneweg marschiert einer mit einem einem Schild „CSD“ – soll das eine Partei sein? Nein, dann sehen wir die bunt gekleideten Menschen, die die Straße entlang tanzen, da sehen wir die Menschen, die Regenbogenfahnen schwenken und dann ist uns auch klar, was das bedeutet: Heute ist Christopher Street Day in Graz. Darauf stoßen wir im Laufe unseres Spaziergangs immer wieder – das Rathaus ist mit diesen Fahnen geschmückt, auf dem Operngebäude flattern die Regenbogenfarben und am Abend hören wir ebenfalls noch die Musikklänge in einem Park. Mittlerweile gibt es vor dem Kunsthaus auch einen bunten Fußgängerübergang in den Regenbogenfarben.

 

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Töne ganz anderer Art erwarten uns in der Nähe der Domkirche – ein zartes Glockenspiel erklingt aus der Ferne und wir folgen diesen Klängen. Auf einem Platz treffen wir schließlich auf Menschen, die alle den Blick nach oben gerichtet haben. Was gibt es denn da zu sehen? Dann erblicken wir oben in einem Turm ein Mädchen und einen Burschen, die zu diesem Glockenspiel tanzen und sich drehen.

Ein besonderes Flair vermitteln vor allem die viele Straßenmusikanten, die Graz mit den verschiedenen Klängen in Stimmung versetzen. So treffen wir beim Uhrturm auf einen Harmonikaspieler, in der Herrengasse spielt eine kleine Band schwungvolle Lieder, beim Hauptplatz versprüht ein Saxophonspieler Jazzklänge und in der Sporgasse hören wir schon von Weitem die Arien einer Opernsängerin erklingen.

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Beim Heimweg in der Nacht vernehmen wir dann lauten Beat und als wir uns der Murbrücke näher, sehen wir wieder eine Menge Menschen, die am Brückengeländer lehnen und nach unten blicken. Hier feiert die Jungend am Flussufer im Citybeach.

 

Ein unerwartetes Zusammentreffen

Das nächste Erlebnis könnte auch unter dem Titel „Wie der Zufall so spielt“ laufen. Wir stehen vor der Hofbäckerei und liebäugeln mit den Köstlichkeiten: eine große Mozartkugel, lieber Linzeraugen oder doch Sissi-Busserl?
Da höre ich eine Stimme: „Darf ich kurz was fragen?“
Mein erster Gedanke: „Da braucht jemand eine Auskunft – ich kenne mich hier ja selbst nicht aus“
Die junge Dame weiter: „Bist du nicht?“
Wir schauen uns an, ja natürlich – das kann doch gar nicht sein! Da bin ich zufällig in dieser Stadt, da laufen wir uns zufällig über den Weg und erkennen uns, obwohl dieses Treffen keineswegs geplant war und wir bisher nur Fotos voneinander gesehen haben.

 

Good Bye Graz!

Gemütlich in einem Straßencafe sitzen, sich die Sonne in das Gesicht scheinen lassen, das Treiben in der Gasse beobachten, ein Stück Kuchen verspeisen, ein kühlendes Getränk auf dem Tisch, den Straßenmusikanten lauschen – da ist sie die Urlaubsstimmung, da ist sie die Erholung, da ist er der Genuss. So könnte es wohl noch stundenlang weitergehen, wenn sich nicht der Abend nähern würde. Da geht es schließlich zum Abschied nochmals auf den Schlossberg – dieses Mal nehmen wir vom Karmeliterplatz einen gemütlichen Serpentinenweg. Oben angekommen bietet sich uns ein ganz besonderes Bild, denn der abendliche Sonnenuntergang hat die Stadt in ein besonderes Licht getaucht und mit besonderen Farben zum Leuchten gebracht.
„Träumend sah ich vom Schlossberg nieder…“ wie ein Grazer Studentenlied beginnt.

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Man nehme historische Bauwerke, man nehme moderne Gebäude und Gegenwartskultur, man nehme ruhige Natur mit grünen Bäumen, mit Felsen und plätscherndemGrazArgos-Wonderfulfifty

Nass, man nehme Stadtfeeling mit Shops, Verkehr und Bewegung, man nehme das Studentenleben und mische dies alles mit südlichem Flair und das Ergebnis ist die wunderbare Landeshauptstadt der Steiermark – wir erhalten ein Graz, das auf einen oder auch mehrere Besuche einlädt.

 

 

Doch jetzt zu dir: Hast du auch schon kleinere Städte in der Nähe unerwartet für dich entdeckt oder sind Städte eher nicht dein Reiseziel? Bist du schon mal in Graz gewesen oder würde diese Stadt auf deine Reiseliste passen? Was hat dir gegebenenfalls in dieser Stadt besonders gefallen? Ich freue mich auf deine Antwort.