Gedankenplauderei, Lifestyle, Technik

Kopf- und planlos durch den Tag – was brauche ich?

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Es gibt Tage, da stehen wir auf und es läuft wie am Schnürchen, wie wir es geplant oder uns vorgestellt haben, alle Menschen sind nett und freundlich, die Arbeit geht uns von der Hand und alles ist an Ort und Stelle. Der gewünschte Normalfall, aber es gibt auch andere Tage – so hatte ich unlängst nachmittags einen Termin in der Stadt. Nach einigen Tätigkeiten im Home-Office wurde die Zeit etwas knapp, sodass ich dann schnell nach meiner Handtasche gegriffen und mich auf dem Weg gemacht habe. Was haben mich die letzten Wochen oder besser Monate diesbezüglich gelehrt? Was sollte ich derzeit immer bei mir haben?

Natürlich einen Mund-Nasen-Schutz, mein Handy mit dem digitalen Grünen Pass und einen Lichtbildausweis. Unterwegs wollte ich schnell einen Termin auf meinem Handy eintragen, beim Wühlen der Tasche konnte ich zwar alles Mögliche erfühlen, aber mein Handy nicht und nicht ertasten. OK, es dürfte also weiter hinuntergerutscht sein, da ich aber dann schon am Ziel angelangt war, habe ich dem für den Moment keine weitere Bedeutung beigemessen.

 

Zeit zum Warten

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Da sitze ich nun im Warteraum. Habt ihr euch schon mal in solchen Bereichen umgeschaut – normalerweise liegen hier diese obligaten Zeitschriften und Magazine auf. Doch ein Großteil der Menschen hat das Handy in der Hand und da werden Nachrichten oder Berichte gelesen, da werden Antworten oder Texte getippt oder auch mal Audionachrichten oder vielleicht auch Musik gehorcht. Die meisten Köpfe sind gesenkt und die Blicke auf den Bildschirm gerichtet.

Da sitze ich nun ohne mein Handy – Zeitschriften gibt es vermutlich aus Hygienegründen zurzeit nicht – und überlege, was ich mit der Wartezeit anfange. Ich bin ohnehin kein Mensch, der sich in diesen Räumen gerne mit anderen unterhält oder sich deren Leidens- oder Lebensgeschichte anhört und jetzt mit den veränderten Abstandsregeln erst recht nicht. Daher werden nun kurzerhand Stift und Zettel aus der Tasche geholt und ganz herkömmlich Notizen handschriftlich verfasst und dazwischen auch immer mal wieder die Menschen in der Umgebung beobachtet. Es ist schon irgendwie ein interessantes Bild, das sich hier bietet – so unterschiedlich, so eigen wie sich die Menschen teilweise verhalten.

Doch vor allem kreisen erst mal meine Gedanken um mein nicht vorhandenes Handy – gut, ich hatte zwar keinen Lokalbesuch geplant, aber irgendwie war der Gedanke schon irritierend, dass ich aufgrund meines vergessenen Handys keinen Zugang haben würde.

 

Was hast du im Kopf?

Dies ist jetzt natürlich nicht ketzerisch gemeint und auch nicht an die Aussagen „Der hat nur Stroh im Kopf“ oder „Die hat ja nichts im Kopf“ angelehnt. Nein, es stellt sich für mich eher die Frage, was wir uns merken und wo wir uns ohnehin auf unser Smartphone verlassen.

– Nummer
Dazu reisen wir mal kurz zurück in die Kindheit – es hat nur das Festnetz gegeben und die Telefonnummern der engsten Freunde und Verwandten haben wir nach kurzer Zeit auswendig und ohne zu überlegen gewählt, da wir sie regelmäßig eingetippt haben. Auch als die ersten Handys aufgetaucht sind – ich war in diesem Bereich eher der Spätzünder -, waren mir die Telefonnummern von einigen noch bekannt. Doch mittlerweile wird nur mehr der entsprechende Kontakt am Handy gewählt, um jemanden anzurufen. Das führt auch dazu, dass wir natürlich auch die eigentliche Telefonnummer zu den einzelnen Personen meistens nicht mehr kennen. Mal ehrlich, wie viele und welche Telefonnummern kannst du sofort auswendig aufsagen?

– Daten
Das erinnert mich auch gleich an meine Großmutter – sie hatte bis ins hohe alter von neunzig Jahren die Geburtsdaten der gesamten Familie, also aller fünf Kinder und Schwiegerkinder, aller zwanzig Enkelkinder und schließlich auch die der Urenkel im Kopf, daneben natürlich auch noch die der engsten Freunde und Bekannten. Wie sieht das bei uns aus? Welche Geburtsdaten sind uns geläufig und bei welchen Terminen verlassen wir uns vielleicht doch darauf, dass uns ein Eintrag am Handy sowieso daran erinnert?

– Pläne

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Doch auch in Bezug auf die Fortbewegung hat sich hier einiges geändert – so bin ich früher immer über der Landkarte gesessen und habe mir eine Route herausgesucht, ich habe auf dem Stadtplan die beste Strecke und die eventuell erforderlichen Transportmittel ermittelt. Heute verlasse ich mich meist auf das Navigationssystem am Handy – schnell das gewünschte Ziel am Handy eingegeben und schon geht es los, meist ohne mir vorher die gesamte Route anzuschauen oder sie mir sogar einzuprägen. Das findet bei mir vor allem auf bei neuen Strecken in der Innenstadt Anwendung, wodurch ich mir nicht die einzelnen Abzweigungen oder Straßennamen merken muss – doch das führt dann auch gerne dazu, dass bei mir nicht mal eine grobe Orientierung der gewünschten Richtung gegeben ist.

– Fotos
Jeder hat wohl Hunderte, wenn nicht gar Tausende an Fotos auf dem Smartphone, hier schnell was fotografiert, dort etwas aufgenommen. Da werden von einzelnen Situationen gleich ganze Serien geknipst, um dann ein möglichst perfektes Bild dabei zu haben. Aber die Fotos werden auch gerne als Gedächtnisstütze verwendet – es wird eine Ankündigung fotografiert oder von einem Produkt ein Screenshot aufgenommen, damit wir uns die Detaildaten nicht händisch notieren, eintippen oder merken müssen. „Was man nicht im Kopf hat, das muss man in den Beinen haben“, lautet ein geflügeltes Wort – wenn wir etwas vergessen oder an etwas nicht gedacht haben, dann müssen wir nochmals den Weg zurücklegen oder haben einen durch die Vergesslichkeit oder Nachlässigkeit verursachten Mehraufwand. Daher sagt eine Freundin immer mal wieder: „Mein Handy ist mein Hirn“.

 

Abhängigkeit und Erleichterung

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Wie oft geht denn nun tatsächlich der Griff nach dem Handy? Ist es die erste Aktion am Morgen, um gleich mal die neuesten Nachrichten zu konsumieren und die Newsfeeds zu checken oder wird es nur im Bedarfsfall für das gezielte Suchen nach einer Information eingesetzt? Wenn jemand sein Handy intensiv nutzt, wenn er viele seiner Aktivitäten mit dem Handy oder auf dem Handy durchführt, steht vor allem bei jüngeren Menschen gleich mal die Meinung im Raum, dass es sich hierbei doch um eine Handysucht handelt, dass diese Menschen ohne ihr Handy sich nicht vollständig fühlen. Es gibt hierfür sogar ein eigenes Wort „Nomophobie“ – dieses setzt sich aus den Wörtern „no mobile phone“ und „phobia“ zusammen und beschreibt somit die Angst, ohne das Smartphone zu sein, das Handy nicht ständig griffbereit oder überhaupt direkt in der Hand zu haben.

– Einsatz
Doch für mich muss hier bei der Nutzung des Handys wesentlich unterschieden werden: wofür wird es eingesetzt, wozu wird es verwendet, wann brauche ich es? Ich bin jetzt nicht der Über-Drüber-Handy-Benutzer und wenn mein Gatte und ich gemeinsam unterwegs sind, dann kann es schon vorkommen, dass wir nur eines unserer Handys mitnehmen, um eben erreichbar zu sein, jemanden bei Bedarf verständigen oder etwas nachschlagen zu können. Das hat sich zwar mit dem Grünen Pass geändert, aber dennoch verwende ich das Handy im Gegensatz zu anderen noch nicht sehr intensiv wie etwa für das Bezahlen.

– Verwendung

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Trotzdem bedeutet für mich das Handy eine große Erleichterung im alltäglichen Leben, eine Vereinfachung vieler Aufgaben und Arbeiten. Warum sollte ich auf die ständige Verfügbarkeit der Kontakte per geschriebener oder gesprochener Nachricht verzichten? Warum sollte ich die Möglichkeit des Fotografierens, des Nachschlagewerks nicht nutzen? Warum sollte ich Apps zur Buchung von Tickets, für die Kundenkarten, für das Handyparken, für bestimmte Aktionen nicht verwenden? Doch nicht nur zur Erleichterung, sondern auch für die Sicherheit dienen so manche Apps – sie werden unter anderem zur 2-Faktor-Authentisierung für die Anmeldung an die verschiedenen Plattformen oder zur Freigabe von Transaktionen eingesetzt.

– Sucht
Für mich ist diese Handhabung eines Smartphones der logische Einsatz von technischen Entwicklungen und ich stehe dem sehr positiv gegenüber, obwohl ich hier genau betrachtet von einem funktionierenden Handy abhängig bin. Doch diese Abhängigkeit ist für mich nicht im Sinne von Sucht zu sehen – diese beginnt für mich eher dann, wenn ich für Online-Spiele das Treffen mit der Familie absage, wenn ich beim Zusammensein mit Freunden denen nicht meine Aufmerksamkeit schenke, sondern mit einem Auge ständig auf das Smartphone schiele.

 

Es geht weiter

Doch wir sind noch nicht am Ende der Geschichte angelegt, es gibt noch einen Nachschlag – nachdem ich unterwegs alles auch ohne Handy erfolgreich erledigt habe, mache ich mich wieder auf den Heimweg. Doch dann der nächste Schreck beim Aufschließen der Eingangstür. So sehr ich auch wieder meine Tasche durchwühle und in jeden Spalt fühle – es lässt sich einfach kein Schlüssel finden.

Okay – da war doch ohnehin jemand zu Hause, als ich mich auf den Weg gemacht habe. Also mal geklingelt und dann nochmals – alles still drinnen, alles verlassen. Ja, was würde ich in so einem Moment im „Normalfall“ machen: natürlich zum Handy greifen und schnell jemanden anrufen. Da stehe ich nun wie bestellt und nicht abgeholt. Ich habe noch keine dieser neumodernen Eingangstüren, die mit Fingerprint oder mit der Handy-App geöffnet werden können, obwohl mir eine Öffnungsmöglichkeit mit der App jetzt auch nicht geholfen hätte, da sich mein Handy innerhalb der Tür befunden hat. Meine Gedanken: Wo könnte mein Gatte sein, da er für heute eigentlich keine Termine mehr hat? Wo und wie könnte ich zu einem Telefon kommen, wo es doch diese Telefonzellen an jeder Ecke mittlerweile nicht mehr gibt?

Oh, was höre ich denn da plötzlich für ein Geräusch im Hintergrund – da klingelt doch ein Telefon, aber das ist doch gar nicht mein Klingelton. Hat da etwa noch jemand sein Handy liegengelassen…..

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Somit geht das Wort auch schon an dich: Was befindet sich bei dir immer in der Handtasche? Wonach greifst du, wenn du dein Zuhause verlässt? Aber mich interessiert natürlich auch: wie stehst du zum Handy? Ist es für dich ein erweiterter Arm, ohne den du nicht vollständig fühlst? Für welche Bereiche nutzt du es intensiv und fühlst du dich teilweise vom Handy abhängig? Hast du das Gefühl, dass dein Gedächtnis unter der Verwendung des Handys leidet? Ich freue mich auf deine Antwort.