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Winterlesezeit – Alles hat seinen Grund!

Winterlektüre-Wonderfulfifty

Habt ihr heute schon mal einen Blick aus dem Fenster geworfen? Wie sieht es denn bei euch aus – ist bei euch auch so trübes und nieseliges Wetter, ein Grauschleier vor den Augen und dazu ein Wind, fast schon ein kleiner Sturm, der da durch die Gassen pfeift und in jeden noch so kleinen Spalt kriecht. Dann noch schnell einmal auf das Thermometer geguckt – ja und das hat sich auch in seine Tiefen zurückgezogen und ist unter der Nullgrad-Grenze verschwunden. Also ein Wetter, bei dem man keinen Hund vor der Tür jagt, wie so eine Redensart sagt. Wahrlich keine Zeit, in der wir uns gerne draußen herumtreiben, noch dazu steht ja ohnehin noch immer der Aufruf „Bleibt’s dahoam!“ im Raum, sich also möglichst viel zu Hause aufzuhalten.

Auch wenn viele nach diesem Jahr sehr den Drang nach draußen verspüren, dann ist es doch die beste Zeit, sich nochmals so richtig einzumummeln, sich ein knisterndes Feuer anzuzünden, sich in Omas Schaukelstuhl zu kuscheln und sich dabei in ein spannendes, interessantes, wissenswertes oder auch entspannendes Buch zu vertiefen, die Umwelt mal kurz auszublenden und gedanklich in andere Welten einzutauchen. Dazu habe ich heute für euch etwas im Gepäck, ein Buch, das ich als Empfehlung auf einem Blog entdeckt habe – nachdem die letzten Bücher auf wahren Begebenheiten beruht haben, handelt es sich dieses Mal um die fiktive Geschichte von mehreren Menschen in einer besonderen Form.

 

Worum geht es?

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Es ist für mich immer wieder interessant, eine Handlung oder ein Geschehen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten oder die verwobenen Lebensgeschichten von unterschiedlichen Menschen zu erfahren, um so diverse Eindrücke zu gewinnen. So treffen wir in diesem Buch auf vier Frauen, sehr unterschiedliche Frauen, die sich sowohl von Alter als auch vom sozialen Hintergrund total unterscheiden, aber dennoch gleich mal eine Gemeinsamkeit aufweisen – sie befinden sich alle gerade an einem besonderen Punkt, einem Wendepunkt in ihrem Leben.

Da ist einmal die Anwältin Marina, die nach sieben Jahren Beziehung kürzlich von ihrem Partner verlassen worden ist, es gibt Carmelia, die im hohen Alter von fünfundsiebzig Jahren die Diagnose Krebs erhalten hat, wir lernen die junge Sara kennen, die von Zweifeln an ihrer bevorstehenden Hochzeit immer wieder gequält wird, und schließlich treffen wir auf Viviana, die eine Schuld abarbeitet und ein düsteres Familiengeheimnis mit sich herumträgt.

 

Inhalt des Romans

Die Hauptprotagonistinnen verkörpern doch sehr unterschiedliche Naturen und so ist immer abwechselnd ein Kapitel einer dieser Frauen und ihrem Schicksal gewidmet. Dabei handelt es sich anfangs um einzelne unabhängige Geschichten und erst im Laufe der Handlung wird ersichtlich, wie diese einzelnen Schicksale doch miteinander verwoben und verstrickt sind und dass es zwischen diesen Frauen nach und nach auch Verbindungspunkte gibt.

Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Das war alles so merkwürdig. Weißt du was? Egal, was geschieht, alles hat seinen Grund. Ich glaube, meine Freundschaft mit Marina ist kein Zufall. (Carmelia)

So bilden sich unter den Frauen Freundschaften – aus Nachbarinnen werden Freundinnen, es gibt Lebensmut – Unbekannten bieten sich gemeinsame Lebensaufgaben und es gibt Liebe – es gibt die Liebe der Mutter zu ihrem Sohn, die Liebe zwischen einem Paar, die Liebe zwischen Freunden.

Das ist alles, was ich dir hinterlasse. Es ist alles, was ich dir zu sagen habe. Dass alles, was geschieht, für etwas gut ist. Dass ich dich liebe. Unendlich. (Carmelia)

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Damit kommen wir auch schon zu einer weiteren Gemeinsamkeit zwischen diesen Frauen: jede der vier Frauen hinterlässt in ihrem Kapitel dabei immer eine Nachricht auf einem Anrufbeantworter oder einer Mobilbox. Sie reden sich dabei ihre Überlegungen und Gedanken von der Seele – aber das Besondere an diesem Vorgehen ist, dass sie sehr wohl wissen, dass die Nachrichten entweder nicht zeitnah oder überhaupt nicht abgehört werden. So richtet Marina ihre Worte an die Mobilbox ihres ehemaligen Partners, so hinterlässt Carmelia ihre Nachrichten auf dem Anrufbeantworter ihres Sohnes, der sich derzeit im fernen Ausland befindet, Viviana bespricht mit ihren Mitteilungen den Anrufbeantworter ihres toten Vaters und Sara bequatscht den eines befreundeten Psychotherapeuten.

Schau dir mein Leben an, und dann erkläre mir, welche Schwierigkeiten ich meistern soll. Erkläre mir, angenommen ich hätte mich umbringen wollen, nur das eine. Warum. Was stimmt da nicht mir mir, Bruno? (Sara)

Die Frauen treffen diesen für sie wichtigen Menschen nicht persönlich, es gibt keinen direkten Kontakt mit ihm und so erwarten sie sich also nicht wirklich eine Antwort, eine Entgegnung oder eine sonstige Reaktion der entsprechenden Person auf ihre Worte, sondern die Frauen reflektieren in ihren Nachrichten eher mehr ihr eigenes Schicksal, sie stellen Überlegungen zu den vergangenen, aber auch aktuellen Ereignissen in ihrem Leben an, sie kommentieren ihr Handeln, ihre persönlichen Eindrücke, ihre Gefühle und sprechen über ihren Kummer, ihre Freuden und ihre Gedanken.

Weißt du was, Papa? Manchmal denke ich darüber nach, an welchem Punkt in meinem Leben sich alles zu ändern begann. Welcher Moment, welcher Umstand, welche Schicksalswende mich hierhergeführt hat, auf die Toilette des Xanadú. (Viviana)

Wir dürfen durch diese Nachrichten im Lauf der Handlung miterleben, wie Marina, Carmelia, Sara und Viviana mit dem jeweiligen Schicksalsschlag umgehen, wie sie auf diese Situationen reagieren und was sie daraus schlussendlich machen, ohne hierbei direkte Gespräche mit den anderen Menschen mitzuerleben oder einen persönlichen Austausch mit anderen zu erfahren. Dabei zeigt sich auch, wie wichtig die Kommunikation zwischen den Menschen ist, wie leicht Missverständnisse entstehen, wie das Reden aber auch heilsam und hilfreich sein kann. Wir dürfen außerdem erleben, dass sich oftmals Kleinigkeiten oder Nebensächlichkeiten in schicksalshaften Situationen den Menschen im Gedächtnis quasi eingebrannt haben.

Das waren meine tiefschürfenden Gedanken, als du mich verlassen hast. Ich erinnere mich, genau das gedacht zu haben. Dass es regnen wird. Dass sie keine Wäsche aufhängen sollte. Und ich erinnere mich an den Kaffee. Und immer wenn ich sie vor mir sehe, ist es wieder Sonntag. (Marina)

Es ist ein Buch, in dem sehr tiefgreifende Themen wie Selbstmord, schwere Krankheit, Missbrauch oder auch Trennung aufgegriffen und aus der Sicht der jeweiligen Protagonistin dargestellt, bearbeitet und aufgearbeitet werden. Doch andererseits zeigt es auch Hoffnung und Lebensfreude – aber eigentlich ist bereits der Titel des Buches ein eigenes Thema für sich.

 

Alles, was geschieht, hat seinen Grund

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Ist es doch nicht immer mal wieder, dass wir etwas erleben, auf das wir gerne verzichtet hätten, das vielleicht auch unsere Planung, ja vielleicht sogar unsere Lebensplanung auf den Kopf stellt? Es gibt Ereignisse oder auch Eindrücke, die uns zum Umdenken bringen, die von uns quasi verlangen nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Auch wenn wir selbst zuerst überfordert mit der Situation sind, auch wenn wir verärgert, verzagt oder verzweifelt sind, dann gelingt es uns doch so langsam vielleicht über Alternativen nachzudenken, andere Wege zu finden, Lösungen, an die wir vorher überhaupt nicht gedacht hätten, zu entdecken.

So erleben wir alle seit dem Frühjahr des letzten Jahres Situationen, die uns zum Überlegen zwingen, die von uns verlangen, verschiedene Alternativen aufzuzeigen oder uns auch an Gegebenheiten anzupassen, die wir in dieser Form bisher noch nie erlebt haben oder uns vielleicht auch in dieser Form nicht vorstellen konnten. Trotzdem weiß ich nicht, ob das wirklich einen Grund hat, ob dieses Erlebnis wirklich diese besondere Ursache gebraucht hat. Ja, der Grund, warum dieser Zustand entstanden ist, lässt sich natürlich darauf zurückzuführen, dass ein neuartiger, sehr ansteckender und teilweise für Menschen auch gefährlicher oder tödlicher Virus aufgetreten ist, dass sich dieser Virus aufgrund der globalen Vernetzung rasch über große Teile der Erde verbreitet hat und noch immer nicht einzudämmen ist. Das ist also mal der offensichtliche Grund, aber in diesem Satz soll wohl eher die Auswirkung eines Erlebnisses, einer Situation, einer Begebenheit betrachtet werden und nicht deren eigentliche Ursache, deren Ausgangspunkt.

 

Ist es Schicksal? Ist es Zufall?

Es gibt auch immer wieder Aussagen wie „Wenn ich den Zug nicht verpasst hätte, dann hätte ich meine alte Bekannte nicht am Bahnhof wiedergetroffen.“, „Wenn ich nicht gekündigt worden wäre, dann hätte ich diesen tollen Job nicht gefunden“, also wenn etwas nicht Geplantes nicht eingetreten wäre, dann hätte es keine Auswirkung, keine Veränderung im positiven Sinne gegeben – es geschehen also manchmal schlechte Dinge, damit gute passieren können. Aber es kann doch genauso sein, dass im nächsten Zug ein Unglück passiert und wir dabei schwer verletzt werden oder dass die neuen Arbeitskollegen keine gute Zusammenarbeit ermöglichen und uns ausgrenzen und hintergehen.

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So stellt sich doch manchmal die Frage, ob etwas wirklich passieren muss, ob es dafür einen Grund gibt, wenn etwa ein Kind in einem Verkehrsunfall stirbt, wenn ein Mensch an Krebs erkrankt, wenn jemand von seinem Partner verlassen wird, wenn ein Unwetter einen Landstrich verwüstet oder wenn ein Terrorist um sich schießend durch die Straßen läuft.

Egal ob da jetzt wirklich ein höherer oder besonderer Grund dahintersteckt und ob hier wirklich das Schicksal zuschlägt oder ob es doch nur einfach Zufall ist, einfach ein Zusammentreffen von Begebenheiten, es liegt schlussendlich an uns, wie wir mit irgendwelchen kleineren oder größeren Einschnitten in unser Leben umgehen. Wir müssen es selbst aktiv in die Hand nehmen und lenken.

 

Ich glaube, dass alles was passiert seinen Grund hat. Menschen verändern sich, damit du lernst jemanden gehen zu lassen. Dinge laufen falsch, damit du die richtigen zu schätzen weißt. Die Lügen glaubst du, nur um daraus zu schließen, dass du nicht jedem vertrauen kannst. Und manchmal muss etwas Gutes vorbei gehen, damit etwas Besseres folgen kann.

Nach diesem Zitat von Marilyn Monroe darf ich nun das Wort an dich weitergeben: Interessiert dich das Schicksal dieser Frauen, spricht dich diese Romanform an oder stehen eher andere Bücher auf deiner Leseliste? Hast du dieses Buch vielleicht selbst schon gelesen – wie hat es dir gefallen? Wie sind aber auch deine Überlegungen dazu, dass hinter allen Lebenseinschnitten oder schicksalshaften Erlebnissen ein Grund liegt? Sind diese vielfach unangenehmen Situationen für unser Leben erforderlich, um unseren Weg zu gehen oder ist das doch bloß einfach Zufall? Ich freue mich jedenfalls schon total auf deine Meinung.