Gedankenplauderei

To-Do-Liste, Bucket-List oder doch Unbucket-List – was brauche ich wirklich?

BucketList-Wonderfulfifty

Mal Hände in die Höhe, wer von euch war in den letzten Tag mit Jahresabschlussarbeiten beschäftigt, wem schirrt der Kopf von den Zahlen und Berechnungen? Wer hat sich mit der Steuererklärung herumgeschlagen oder hat sich mit Aktiva und Passiva und den Vorbereitungen für die Bilanz befasst?

Der Jahreswechsel ist für viele mit einem Abschluss des alten Geschäftsjahres und einer Umstellung auf das neue Jahr verbunden – aber nicht nur beruflich gibt es diese Änderung; Silvester und die ersten Tage des neuen Jahres werden von vielen auch privat gerne dazu genutzt, um eine kleine Rückschau zu halten: was ist im letzten Jahr gut gelaufen? Was hat mir nicht gefallen? Dann werden natürlich bereits Pläne für die nächsten Wochen, für das kommende Jahr aufgestellt. Es wird überlegt: Was möchte ich heuer alles unternehmen? Wie wird der nächste Urlaub gestaltet? Welche Änderungen sollen durchgeführt werden? Was wird im nächsten Jahr alles eingeplant?

 

To-Do-Liste

So habe ich in Bezug auf Lebensplanungen unlängst in einem Magazin erst wieder Vorschläge für eine Bucket-List gesehen, eine Aufstellung von Tätigkeiten, die wir im kommenden Jahr oder zumindest in unserem Leben gemacht haben sollen, wollen, müssen oder was auch immer – da werden dann Punkte wie etwa mit Delfinen schwimmen, mit einem Heißluftballon fliegen, Golf spielen lernen angeführt. Aber es gibt Aufstellungen und Bücher zu den diversesten Themen wie 500 Plätze, die wir gesehen haben müssen, 200 Dinge, die wir gemacht haben sollen, 50 Dinge, die wir einmal ausprobiert haben müssen, 100 Dinge, die Frauen oder Männer oder Großeltern unbedingt machen müssen, 10 Dinge, die wir vor 20, 30, 40 oder 50 erledigt haben sollen, Dinge, die wir im Sommer machen müssen, Dinge, die wir in einer Stadt machen müssen, Dinge, die Paare machen müssen. Ja, der Fantasie sind hier wohl keine Grenzen gesetzt.

BucketList-Wonderfulfifty

Wenn wir jetzt mal einen Blick auf die meisten dieser sogenannten Löffellisten werfen, dann sind das doch meist auch irgendwie To-Do-Listen – tu das und tu jenes, reise in dieses Land, besuche diese Stadt, lerne diese Sprache, gehe in dieses Konzert, besteige diesen Berg, mach Bungee-Jumping, also immer werden mehr oder wenige aufregende Aktivitäten angeführt, werden teilweise auch kostspielige Tätigkeiten aufgelistet, die wir durchführen sollen.

So sehr ich auch der Liebhaber von Listen bin, so sehr sie in meinem Leben auch immer wieder eingesetzt werden – eine Reise ist zu planen und schon wird eine To-Do-Liste erstellt, eine Feier ist zu organisieren und eine To-Do-Liste ist der erste Schritt, ein Projekt wird bearbeitet und die einzelnen Punkte werden in einer To-Do-Liste festgehalten – so wenig möchte ich aber meine Freizeit einer Liste quasi unterwerfen. Listen vermitteln mir immer das Gefühl, hier ist etwas abzuarbeiten, hier ist etwas zu erledigen, egal ob das nun lästige Tätigkeiten oder angenehme Anforderungen sind. Hier fühle ich mich dann doch irgendwie immer etwas unter Druck gesetzt, dass ich die Punkte alle erfüllen und endlich abhaken soll.

 

Bucket-List

Natürlich war es für mich ein bewegendes Erlebnis, als ich das erste Mal amerikanischen Boden betreten habe, als am Times Square gestanden bin, als ich durch Beverly Hills spaziert bin, als ich die Golden Gate Bridge überquert habe – diese Stellen, die ich bisher nur aus dem Fernsehen gekannt habe, von denen ich als Kind schon immer geträumt habe. Oder als ich das erste Mal Disneyland betreten habe – ja, es ist für viele sicher nur kitschig und künstlich und touristisch und völlig unnötig. Aber Mickey Mouse war einfach ein Held meiner Kindheit und daher war es ein wunderbares Verwirklichen von Kindheitsträumen, von etwas, das damals außerhalb meiner Vorstellungskraft gelegen ist und das mich dann irgendwie mit den Augen des kleinen Mädchens diesen Zauber erleben hat lassen.

Ja, diese Erlebnisse haben einfach ganz wunderbare Erinnerungen geschaffen, lassen mich immer wieder an diese Lieblingsmomente denken – aber seien wir uns ehrlich, es ist doch oftmals nicht nur der Ort oder die Tätigkeit, die einen Augenblick so perfekt werden lassen. Dazu gehört doch auch immer wieder das Drumherum und vor allem die Person oder die Menschen, die bei uns sind, mit denen wir unsere Erfahrung teilen können. Ohne diese Menschen wäre das Erlebnis doch nicht das, was es für mich war, wäre es nicht so besonders geworden – es geht eigentlich nicht so sehr um die Handlung selbst, sondern vor allem um das Gefühl, das ich damit verbinde.

BucketList-Wonderfulfifty

Für mich zählen also anstatt der Tätigkeiten oder Aktivitäten doch eher jene Fragen: Was macht mich glücklich? Wobei fühle ich mich so richtig wohl? Was kann ich genießen? Wann sage ich, das ist ein Lieblingsmoment? Wann wünsche ich mir, dass die Zeit stehen bleibt oder dass eine Situation, ein Gefühl einfach noch lange anhält?
Dazu zählen sicher solche Momente wie ich sie heuer zu Weihnachten erlebt habe, mit der gesamten Familie gemeinsam kochen und dann einen gemütlichen Abend unter dem Christbaum verbringen. Das wäre zwar sicher kein Punkt, der auf einer Bucket-List stehen würde und dennoch ist dies eine der besten Zeiten meines bisherigen Lebens gewesen – so ganz nach dem Motto: nichts Besonderes erlebt, aber ganz wunderbar und unvergesslich gewesen.

Es geht doch vor allem darum, dass wir unser Leben generell mögen, dass wir auch mit unserem Alltag zufrieden sind, denn es sind die vielen kleinen Momente im Alltag, die uns Wohlbefinden bringen, die zu unserer Zufriedenheit beitragen, die aber trotzdem sicher auf keiner der Listen zu finden sind. So ist es also eher wichtig, wie ich mich einerseits fühle, aber auch wie ich bin. Nicht die Handlungen und die Tätigkeiten, die auf einer Bucket-List stehen, sind entscheidend, sondern ich selbst als Person und meine aktuellen Emotionen und Empfindungen.

 

Unbucket-List

Wenn wir das Thema der Löffelliste jetzt noch etwas weiterspinnen und über meine nicht vorhandene Bucket-List hinwegsehen: Ich durfte in meinem Leben schon so viele schöne Stunden verbringen, viele tolle Erlebnisse erfahren und darunter sind eine ganze Menge an Punkten, die ursprünglich sicherlich nicht auf meiner Bucket-List gelandet wären. Wie bereits einmal oder vielleicht auch zweimal oder eventuell auch dreimal erwähnt, war mein Traum von Kindheit an eine Reise nach Amerika, nie stand der Osten für mich auf dem Plan. Asien, egal ob jetzt Japan, Korea, Taiwan, keines dieser Länder floss je in meine Gedanken bei einer Reiseplanung ein.

Doch dann kam schließlich Vieles anders als ursprünglich gedacht und so ging es für mich doch einige Mal in den Osten. Ich durfte Japan erforschen, die wunderbaren Städte Osaka, Kyoto, Nara und natürlich Tokyo kennenlernen, ich spazierte durch Seoul und war in Taipeh unterwegs. Eine Wahnsinnsbereicherung für mich, die ich mir in diesem Ausmaß nie vorgestellt hätte. Ja, diese Länder haben mir so viele spannende Stunden beschert, ich konnte so viel Interessantes erleben, die Mentalität dieser Völker, die komplett anderen Kulturen erfahren. Das sind Punkte in meinem Leben, die ich keinesfalls mehr missen möchte und aus der heutigen Sicht somit auf meiner Bucket-List stehen hätten müssen.

Natürlich ist ein besonderes Erlebnis immer wieder schön und ich liebe das Hinfiebern und die Vorbereitungen total, aber dennoch ist es schlussendlich nicht nur das Ereignis oder die Aktivität selbst, die mir meist die Freude und die Zufriedenheit verschaffen. Ich bin dankbar für diese wunderbaren Momente in meinem Leben und sie bedeuten mir total viel und da ist es doch sinnvoll, wenn wir uns immer mal wieder auf die schönen Dinge konzentrieren, die wir schon erlebt haben oder gerade erleben und uns bewusstmachen, was wir schon Wunderbares in unserem Leben erfahren haben.

BucketList-Wonderfulfifty

Daher ich könnte mir gut vorstellen, dass ich so eine andere, besondere Form einer Bucket-List für mich selbst erstelle und dabei quasi meinem zukünftigen Ich einen kleinen Brief schreibe, wie ich mir mein Leben in zehn Jahren, in zwanzig Jahren oder so vorstelle – also nicht, was ich alles unbedingt abgehakt haben will, sondern wie ich mir mein Leben erwarte, wie es mir in Zukunft ergeht. Da wird es sicherlich interessante Entwicklungen geben und es ist spannend, dies zu beobachten – wir Menschen verändern uns, wir machen Erfahrungen, wir lernen aus den Erlebnissen und so unterliegen auch unsere Vorstellungen und Erwartungen einem Wandel.

Was uns vor zehn Jahren interessiert hat, was wir gerne mal ausprobieren wollten, das reizt uns jetzt vielleicht überhaupt nicht mehr – hingegen gibt es Dinge, die wir damals nicht kannten oder uns nicht angesprochen haben, die aber jetzt für uns in den Mittelpunkt rücken.

Wenn mir vor drei Jahren etwa jemand gesagt hätte, dass ich einmal einen Blog betreibe, dann hätte ich bloß ungläubig den Kopf geschüttelt und gesagt „Wie soll das funktionieren? So etwas kann ich doch gar nicht!“ und dann weiter „Liest heute überhaupt noch wer Blogs? Geht die Bewegung nicht eher in Richtung Instagram oder Youtube oder dergleichen? Außerdem gibt es ja ohnehin jede Menge Blogs zu den verschiedenen Themenbereichen, von unterschiedlichen Personen – wen interessiert da jetzt noch ein zusätzlicher Blog?“.

Also ein Punkt, der bei mir sicher auch nicht auf der Bucket-List gelandet wäre, aber mir jetzt – zwei Jahre später – einfach total viel Freude bereitet und einen wunderbaren Ausgleich bringt; ich liebe dieses geschriebene Wort einfach mehr als nur die Fotos von anderen Medien – da kommt bei mir eindeutig die Kettenleserin wieder durch -, ich lese daher auch immer wieder gerne die Beiträge auf anderen Blogs, von euch und freue mich jedes Mal über die wunderbaren Diskussionen, die entstehen, wenn Menschen verschiedene Ansichten einbringen, wenn ein Erfahrungsaustausch entsteht.

The only thing more important than your to-do list is your to-be list. The only thing more important than your to-be list is to be.
(Alan Cohen)

Meine eigentlich nicht vorhandene Bucketlist ist abgearbeitet und erledigt, aber meine Unbucket-List darf gerne weiterhin wachsen und ich lasse mich auch gerne überraschen, was sie in den nächsten Jahren für mich bereithält und wenn ich doch mal den Blick für die wunderbaren Dinge in meinem Leben verliere, wenn ich nichts Positives um mich sehe, wenn ich irgendwie mit dem falschen Fuß aufgestanden bin, wenn mich lauter missmutige Menschen mit ihrer schlechten Laune anstecken wollen, wenn mir nur lustlose und demotivierende Personen begegnen, wenn dann vielleicht auch noch ein Brief vom Finanzamt oder von der GIS oder sonst irgendwem meinen Briefkasten „beschmutzt“, dann krame ich meine Erinnerungsbücher hervor und schwelge in den vergangenen Lieblingsmomenten und lasse sie nochmals Revue passieren oder ich lese mich durch eure wunderbaren Kommentare und versuche mir zu verdeutlichen, wie gut es mir doch trotz allem geht.

 

Aber jetzt genug von mir – ich bin natürlich schon wieder gespannt wie ein Flitzebogen, welche Listen du führst und wie diese bei dir aussehen:

Bist du ein Verfechter von Listen und hast du auch für alles und jedes eine To-Do-Liste? Wie sieht es dir mit der Bucket-List aus, hast du eine und verrätst du mir vielleicht ein paar Punkte davon? Oder führst du irgendwelche anderen Listen für dich?

Ich freue mich auf deine Meinung.