Lifestyle, Österreich

November – don’t bring me down!

Zentralfriedhof

Es ist also weit – wir haben den November erreicht und damit weichen die warmen Temperaturen endgültig den kälteren Monaten, auch wenn uns der Sommer heute wirklich lange mit herrlichen Sonnentagen verwöhnt hat, wenn wir uns noch bis in den Oktober in die Sonnenwärme wickeln und von den Sonnenstrahlen die Nase kitzeln lassen konnten, so ist es sich nicht mehr zu verleugnen, dass jetzt ein anderer Wind weht.

Ich weiß, auch die Novembertage sollen schön sein – mit der Betonung auf „sollen“ und Nessa und Christof haben eine wunderbare Aufstellung mit Tipps für die kalten Tage erstellt. Doch so ganz erschließt sich mir die Pracht diese Zeit nicht und ich trauere den herrlichen Sonnenstunden doch sehr wehmütig nach.

Wenn ich das Wort „November“ höre, dann denke ich gleich mal vor allem an Grau, an Tristesse, an Nebelschwaden und irgendwie auch an Trauer.

 

Doch was bedeutet eigentlich November?

Die Bezeichnung November leitet sich aus dem Lateinischen vom Wort „Novem“, was Neun bedeutet, ab – im römischen Kalender war der November nämlich der 9. Monat. Der elfte Monat unseres Kalenderjahres hat 30 Tage und beginnt immer am selben Wochentag wie der März und der Februar, ausgenommen in den Schaltjahren.

 

Zentralfriedhof

 

Im November kommt es vermehrt zur Nebelbildung – am Morgen empfängt uns eine düstere und verschleierte Landschaft, wir sehen die Hand fast nicht vor den Augen – die Nebelschwaden verbreiten Feuchtigkeit und die Herbststürme tragen zu einer ungemütlichen Stimmung bei. Die Sonne ist gar nicht oder nur als trübe Scheibe erkennbar. Der November wird daher auch im Altdeutschen als Nebelung oder Nebelmonat und als Windmonat bezeichnet.

Die ersten Tage des Monats erwarten uns unabhängig vom Wetter auch gleich mal mit trüben und besinnlichen Tagen, so geht es los mit Allerheiligen und Allerseelen. Dies hat dem November auch die Bezeichnung Trauermonat eingetragen.

 

Weitere Bezeichnungen für den November waren:

  • Schlachtmonat in den Niederlanden, weil hier das Schlachten der Schweine für den Winter erfolgte
  • Bibermonat bei den nordamerikanischen Indianern, weil die Biber für die schützenden Felle gefangen wurden
  • Wolfsmonat, weil die Wölfe mit dem herannahenden Winter sich bis zu den Häusern vorwagten

 

November – Trauermonat

Heute ist so ein trüber Novembertag, der seinem Namen so richtig alle Ehre macht und am liebsten würde ich mir die Decke über den Kopf zu ziehen, wie ein Bär in den Winterschlaf gehen und erst im Frühling wieder hervorkommen.

Aber heute will ich mal dem Grausen vor der kälteren Jahreszeit, den Nebelschwaden und der diesigen und trostlosen Stimmung trotzen und sehen, was sich nicht doch daraus machen lässt; ich lasse mich nicht einfach unterkriegen und schaue mal, was der November zu bieten hat.

Ich bin ja immer wieder gerne in Wien unterwegs – hier gibt es so viel Schönes und Wunderbares neu zu entdecken, aber auch wieder zu erleben. Jedenfalls geht es heute an einen Ort, den ich in all den Jahren noch nie besucht habe und der perfekt zu einem Novembertag passt. Na, nun ratet mal, was ich vorhabe!

 

Zentralfriedhof

 

Genau – es ist der Zentralfriedhof, ein Ort der Ruhe und des Friedens.

Ich bin ja ansonsten nicht der Friedhofsgeher – an liebe Verstorbene kann ich mich auch gerne ohne Friedhofsbesuch erinnern, aber nachdem ich schon so viel von dieser Begräbnisstätte gehört habe, will ich sie auch selbst einmal besuchen.

 

Vorab ein paar kurze Fakten dazu:

Der Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet, hat eine Fläche von fast 2,5 km2 und zählt damit zu den größten Friedhofsanlagen Europas. Er ist ein interkonfessioneller Friedhof für alle Religionen, wobei es auch Teilbereiche für verschiedene Glaubensrichtungen wie katholisch, buddhistisch, jüdisch, islamisch, orthodox gibt.

Dem Zentralfriedhof ist auch in der Musik ein Denkmal gesetzt worden, so hat der Austropopper Wolfgang Ambros anlässlich des 100. Geburtstags eine Hymne gesungen:

Es lebe der Zentralfriedhof, und alle seine Tot´n,
der Eintritt ist für Lebende heut ausnahmslos verbot´n.
Weil der Tod a Fest heut gibt, die ganze lange Nacht.
…..
Am Zentralfriedhof is‘ Stimmung, wia’s sei Lebtoch no net wor
Weu olle Tot’n feiern heite seine erscht’n hundert Johr!“

 

Zentralfriedhof

 

Als wir zum Friedhof kommen und durch das große imposante Tor eintreten, nimmt uns gleich eine fast feierliche Atmosphäre gefangen. Vor uns erstreckt sich eine wunderbare Allee, an der Seite sehen wir die wunderschönen Arkaden, die sich in großen Bogen spannen.

Langsam schlendern wir den Weg entlang, gehen über buntes, raschelndes Laub, biegen immer wieder ab, gehen auf breiten Straßen und schmalen Pfaden. Wir kommen an Ehrengräbern vorbei, an pompösen Grabstellen, an Gräber mit besonderen Kunstwerken, aber auch an ganz wunderbaren Grabstellen, die sich richtig in die Natur einfügen, auf denen sich die Pflanzen ausbreiten.

Fasziniert betrachten wir diese Einheit, diesen Einklang, die vielen Bäume, Sträucher und immergrünen Pflanzen und daneben die alten Grabsteine – bei manchen lesen wir Jahreszahlen ab 1900. Eine so herrliche und wunderbare Idylle!

Es ist ein perfekter Ort, um Ruhe zu finden, um die Gedanken fließen zu lassen, um zu entschleunigen und vor allem um innezuhalten, den Alltagsstress abzuschütteln und ganz bei sich zu sein. Dabei stellt sich aber keine Trauer oder Betrübnis ein, es wirkt als total friedlicher Ort, als Ort zum Wohlfühlen, als Ort zum Schlendern, als Ort zum Erholen. Einfach herrlich diese Atmosphäre!

 

Da plötzlich raschelt es neben uns und aus dem Dickicht zwischen den Bäumen springen zwei Rehe hervor, sie queren den Weg direkt vor uns und sind auch schon wieder hinter den anderen Gräbern verschwunden. Auf einem Grabstein sitzt ein Rabe und mustert die Gegend, in der Ferne sehen wir ein Eichhörnchen den Baum raufklettern.

Ja, neben der tollen Flora ist hier auch eine wunderbare Tierwelt vertreten – dieser Friedhof bietet ein wunderschönes Zusammensein zwischen Pflanzen, Tieren und den Grabstellen.

 

Zentralfriedhof

 

Warm eingepackt könnten wir noch stundenlang dieses herrliche Ambiente genießen, durch die idyllische Anlage gehen und uns an den tollen Werken und der Natur erfreuen. Trotz des trüben Novembertages ist dies also ein ganz wunderbarer Spaziergang, ein herrlicher Ausflug, den wir alle sehr genießen, geworden. Ja – obwohl ich dem November eher ablehnend und mit trüben Gedanken gegenüberstehe, hat er mir bewiesen, dass es auch wunderbare Seiten gibt, wenn ich danach schaue, wenn ich mich auf die positiven Dinge konzentriere.

 

November ohne trübe Gedanken

Ich kann mir natürlich jetzt jeden Morgen denken, „Was für ein trüber Tag!“, „Schon wieder so kalt draußen“, „Es dauert noch ein halbes Jahr, bis es endlich wieder warm wird“, „Dieses Nieselwetter im November“. Doch damit rufe ich mir immer wieder nur das in Erinnerung, was ich nicht mag, ich schenke meine Aufmerksamkeit den unterwünschten Dingen, den Dingen, dir mir keine Freude bereiten, den Dingen, die mir unangenehm sind, denen ich vielleicht auch ablehnend gegenüberstehe.

Wenn ich mich nicht immer auf das Unerwünschte konzentriere und darüber lamentiere und jammere, sondern auch bei solchen Dingen versuche, etwas Positives, wenn nicht sogar etwas Schönes zu entdecken, dann bringt dies sicher eine Bereicherung für das Leben.

  • Das kann vielleicht ein unangenehmer Pflichtbesuch sein, aber es gibt köstlichen Kuchen, wenn schon die Gespräche nicht unterhaltsam sind.
  • Das kann ein überfülltes Kaufhaus sein, aber wir finden das Gewünschte, auch wenn wir uns durch die Menschenmassen quälen.
  • Das kann ….

 

Zentralfriedhof

 

Freunde werden der November und ich zwar nicht werden, aber wir werden miteinander auskommen. Ich habe ihm zumindest den Schrecken genommen. Auch wenn mir die Sommermonate immer lieber sein werden, auch wenn ich mich nicht auf den Herbst freue, auch wenn ich die prachtvollen Farben nicht so richtig würdigen kann, auch wenn ich mir wünsche, dass der November schnell vorbei ist, gelingt es mir schon besser, auch Schönes an dieser Zeit zu finden und nicht dem November nur ablehnend gegenüber zu stehen.

Der November wird zwar kein richtiger „Wonnemonat“ für mich, aber ich gewinne ihm doch schöne Seiten ab: etwas kuscheliges Gammeln auf Couch kann doch auch wunderbar sein, noch dazu, wenn ein Feuer im Ofen knistert, wenn Schokoladekuchen bereit steht und köstlicher Tee auch mich wartet. Da verfliegt doch gleich die Trostlosigkeit.

So, und jetzt schnappe ich mir meinen neuen Krimi und lasse mich von der Handlung gefangen nehmen: Es geht los mit einer Szene im Novembernebel, der die Sicht versperrt, Geräusche verändert und dabei unheimliche Schatten erscheinen lässt…….

 

Jetzt bin ich auf eure Gedanken gespannt und freue mich auf eure Erfahrungen:

Habt ihr auch Situationen, Dinge, Zeiten, die ihr nicht mögt? Habt ihr schon mal festgestellt, dass sich in Unangenehmem was Positives finden lässt? Habt ihr in eurer Ablehnung gegen etwas trotzdem Schönes finden können?