Gedankenplauderei

Love yourself – aber was mache ich mit den Selbstzweifeln?

Blüten-Wonderfulfifty

Das Frühjahr ist immer beherrscht von der Aufbruchstimmung, von dem Aufleben und Aufblühen in der Natur und das wirkt sich auch auf die Menschen aus. Auch wenn die kalten Temperaturen uns heuer etwas länger im Griff haben und wir einen doch fast winterlichen Mai erleben dürfen, so krabbeln viele dennoch wieder von der Couch herunter und lassen sich von den vielfältigen Angeboten inspirieren.

Da geht es natürlich einmal um den Körper, die im Winter oftmals vernachlässigte Bewegung und Fitness werden wieder in Angriff genommen. Aber auch von innen wird der Körper wieder gestärkt und die Weihnachtskekse und Faschingskrapfen sind vielfach durch gesunde Ernährung ersetzt worden.

Doch nicht nur der Körper wird wieder auf Vordermann gebracht, wir werden immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns auch noch um etwas Weiteres kümmern müssen. Es geht auch um unsere psychische Gesundheit, um unser Wohlbefinden und da steht die Selbstliebe zurzeit überall ganz groß im Zentrum. Es werden uns jede Menge Tipps und Ratschläge geliefert, Coaches und Trainer stehen bereit, um uns in diese große Kunst einzuführen und unser Seelenheil herzustellen.

 

Woher kommen die Selbstzweifel?

Es ist wohl keine Frage, wie wichtig es ist, dass wir auf uns selbst schauen, dass wir uns um unser Wohlbefinden kümmern und positiv durchs Leben gehen sollen. Doch immer gelingt uns das nicht, manchmal wird dieser Friede gestört und dann kommen diese Zweifel auch schon um die Ecke, sie nisten sich in den Gedanken ein und machen es sich dort so richtig gemütlich. Zuerst belagern sie nur ein winziges Eckchen und können daher auch noch leicht ignoriert und übergangen werden.

Aber es dauert nicht lange, da bekommen sie weitere Nahrung, sie lechzen danach, saugen sie auf und wachsen und wachsen und wachsen. Sie werden hungriger und verlangen nach mehr und bald ist aus dem kleinen unscheinbaren Häufchen in der hintersten Ecke meiner Gedankenwelt ein riesiger Moloch geworden, der alles andere zu überlagern versucht, der sich wichtig macht und nicht mehr zu negieren ist. Aus ein paar kleinen trüben Gedankenwölkchen haben sich große Gewitterwolken gebildet.

 

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Husch, husch, verschwindet – kein Mensch braucht euch jetzt, lasst mich in Ruhe. Doch so einfach lassen sie sich diese Zweifel nicht vertreiben – zu sehr haben sie sich in meinen Gedanken bereits festgesetzt und strecken weiter ihre Fühler aus.

Solche Zweifel in irgendeiner Form kennt vermutlich jeder, manche häufiger, manche weniger und manche vielleicht fast gar nicht. Diese Gedanken kommen oft in Situationen, wo wir sie gar nicht brauchen können, sie überfallen uns kurz mit ein paar kleinen Anmerkungen oder sie belasten uns längere Zeit und führen damit zu schlaflosen Nächten. Sie ziehen sich auch quer durch alle Lebensbereiche und haben die verschiedensten Gestalten.

Vor einer Prüfung rufen sie uns zu: Du hast zu wenig gelernt, du hast dich mit den falschen Themen befasst, du bist einfach nicht gut genug vorbereitet. Bei einer Präsentation bauschen sie sich auf: Hast du die Thematik vielleicht falsch verstanden? Hättest du das Thema nicht besser von der anderen Seite beleuchtet? Du hast zu wenig Hintergrundinformationen gesammelt und wirst dich blamieren. Oder sie durchforsten ein bevorstehendes Vorstellungsgespräch: du hast für diesen Job nicht die perfekte Ausbildung. Dir fehlt noch die Erfahrung in diesem Bereich. Du wirst ihre Fragen nicht richtig beantworten können.

Aber diese Selbstzweifel scheuen sich auch nicht vor privaten Dingen – wenn sie die Möglichkeit sehen, uns nur irgendwie zu verunsichern, dann sind sie auch schon da und wollen uns einen Spiegel mit eventuellen Fehlern und Makeln vorhalten. Das kann bei einer Reiseplanung sein: Du hast dich nicht gut genug auf dieses fremde Land vorbereitet. Du weißt zu wenig über die Gepflogenheiten. Du hättest bessere eine andere Stadt ausgewählt. Beim Schreiben eines Artikels stellen sie vielleicht folgende Fragen in den Raum: wer soll denn deinen Text schon lesen? Wen interessiert dein Gefasel? Hast du den Text auch wirklich gründlich Korrektur gelesen? Ist der Text nicht zu persönlich und zu privat? Ist der Text nicht zu oberflächlich behandelt?

 

Welche Gefahren bergen Selbstzweifel?

Was passiert aber, wenn die Selbstzweifel immer stärker werden und schließlich überhand nehmen? Was passiert, wenn wir uns immer mehr von diesen Gedanken, von diesem anschwellenden Unbehagen einvernahmen lassen?

Da heißt es natürlich mal so schnell wie möglich etwas dagegen unternehmen und gegensteuern – trotz gutem Ursprungswillen kann sich dieses Verhalten zu einem Perfektionismus auswachsen, der nie mit irgendetwas zufrieden ist. Es werden immer bessere, auf jeden Fall überdurchschnittliche Leistungen erwartet und Fehler dürfen natürlich keinesfalls gemacht werden.

Ja, die Angst vor einem Versagen oder einer Blamage wird durch die ständigen Selbstzweifel regelrecht geschürt und führt auch oftmals dazu, dass Arbeiten und Projekte gar nicht mehr in Angriff genommen werden, dass auch schöne Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt werden. Es ist beim letzten Mal schief gegangen, also wird es auch heute nicht funktionieren. Wenn ich mich wieder so blamiere, wie damals – wenn es wieder nicht gelingt….

 

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In weiterer Folge ziehen sich diese Menschen dann zurück und fühlen sich immer unsicherer und nervöser. Dieses Verhalten führt schließlich in einen regelrechten Teufelskreis – durch die Unsicherheit passieren dann natürlich noch leichter Fehler, entstehen weitere Missgeschicke und die Selbstzweifel werden immer größer, mit jedem Fehler scheint sich der Gedanke zu verstärken: das kann ich doch sowieso nicht, das gelingt mir nicht, ich bin zu nichts zu gebrauchen, bis diese Menschen schlussendlich ganz verzagt und verzweifelt zurückbleiben und das klägliche kleine Häufchen Selbstliebe, das sich noch im hintersten Ecke verborgen hat, in Schwaden aufsteigt und auch noch verschwindet.

 

Gibt es positive Seiten an den Selbstzweifel?

Also sollen mir diese Selbstzweifel nur ja vom Leibe bleiben – oder vielleicht doch nicht?

Das Problem dieser Welt ist, dass die intelligenten Menschen so voller Selbstzweifel und die Dummen so voller Selbstvertrauen sind.
Charles Bukowski

Poah… was ist das jetzt – diese Aussage trifft uns jetzt aber. Da heißt es immer – wir müssen uns selbst lieben, wir sollen keine Zweifel an uns heranlassen und dann das. Plötzlich werden Selbstzweifel auch als gut hingestellt, Selbstzweifel sollen positive Auswirkungen für uns haben können. Wir hören doch immer wieder von erfolgreichen Menschen, die von Selbstzweifeln geplagt sind. Was machen die, wie gehen sie damit um?

Zweifel können doch zuerst mal auch zu Überlegungen anregen. Gibt es eventuell eine bessere Lösung? Vielleicht können wir noch daran herumfeilen, vielleicht ist eine kleine Änderung sinnvoll. Diese Unsicherheiten können uns also motivieren, etwas noch einmal zu überdenken. Wenn wir etwas interessiert und neugierig hinterfragen, wenn wir auch für andere Lösungen offen sind, dann kann dies auch eine wunderbare Erweiterung unseres Horizonts sein.

Wir nutzen die Zweifel, die Unsicherheit, wir überdenken unsere eigenen Handlungen, unsere Vorhaben und besonders wichtig: wir werten mit dieser Unsicherheit nicht gleich mal uns selbst ab. Ja, es ist vielleicht einmal etwas schiefgelaufen, es hat vielleicht nicht so funktioniert, wie wir es eigentlich geplant hatten. Aber wir können durch die Zweifel auch davon mitnehmen, dass es so besser nicht gemacht wird, dass wir nach einer weiteren Möglichkeit suchen.

All diese Überlegungen tragen doch schlussendlich dazu bei, dass wir uns auch weiterentwickeln, dass wir dazu lernen und auch einmal das bisherige Fahrwasser, die noch so bequeme Komfortzone verlassen. So kann ein „böser“ Selbstzweifel auch in eine Bereicherung umgewandelt werden.

Hier kommt dann wieder die Selbstliebe ins Spiel – es braucht doch unbedingt Selbstliebe, damit wir diesen Selbstzweifeln richtig begegnen können, damit wir damit umgehen und ihnen den Schrecken nehmen können. Selbstzweifel können also nicht nur etwas Negatives, etwas Hemmendes und Einschränkendes sein, natürlich dürfen sie dabei nicht in einen Selbstoptimierungswahn und einen Über-Perfektionismus ausarten.

 

Selbstzweifel in den sozialen Medien

Ein Bereich, wo Selbstliebe und Selbstzweifel für mich irgendwie Hand in Hand gehen, sind die sozialen Medien; diese sind ja heutzutage sehr präsent und fast jeder bleibt zumindest an irgendeiner App, an irgendeinem Blog, Vlog und was es dergleichen auch sonst noch gibt, hängen.

Natürlich finden sich hier wunderbare Inspirationen, Anregungen und Motivationen, es gibt sie die Seiten, wo wir immer wieder gerne vorbeischauen, die uns das bieten, wonach wir Ausschau halten oder die uns auf Interessantes hinweisen.

Aber es gibt sie auch diese Abteilungen, wo alles nur als perfekt hingestellt wird, perfektes Leben, perfekte Beziehung, perfektes Heim, perfektes Haustier, perfektes Essen, perfekte Fitness, perfektes Outfit. Bei so viel Darstellung und Inszenierung frage ich mich dann schon auch manchmal: Handelt es sich hierbei nun um Selbstliebe – sind diese Menschen so überzeugt von sich, fühlen sie sich einfach erhaben und über allem stehend und müssen sie daher immer wieder zeigen, wie wunderbar sie sind.

Oder steckt bei manchen doch etwas Anderes dahinter: gibt es bei manchen doch Zweifel an ihrem Aussehen, an ihren Leistungen, an ihrem Leben und sie holen sich durch diese Selbstdarstellung die Bestätigung der Mitmenschen, sie brauchen diese Likes und Daumen-hoch einfach, um sich selbst über ihre Selbstzweifel hinwegzutäuschen, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass sie sich doch nicht so perfekt fühlen, wie sie das nach außen gerne darstellen und die anderen glauben lassen wollen. Sie hoffen dadurch wahrscheinlich, dass dies dann auf sie selbst abfärbt und sie sich so auf von ihrer Großartigkeit überzeugen können.

 

Blüten-Wonderfulfifty

 

Ich denke, Selbstzweifel hat doch fast jeder Mensch irgendwann einmal in seinem Leben, es gibt Phasen, wo sie uns fast erdrücken, es gibt Zeiten, wo sie uns nur am Rande streifen; doch wir haben hier immer die Möglichkeit zu entscheiden, wie wir damit umgehen. Wenn so eine Unsicherheit uns ins Wanken bringt, können wir zuerst einmal liegenbleiben, uns in Selbstmitleid suhlen und uns bedauern, aber dann den Staub abschütteln, unser Krönchen wieder geraderichten und dem Selbstzweifel die Stirn bieten – wir zeigen dir, dass wir uns nicht kleinkriegen lassen, wir leiten unsere negativen Gedanken um – oder wir versuchen es zumindest – und schauen, was sich uns dann vielleicht auch Schönes bietet.

Ja, Selbstliebe und Selbstzweifel – die beiden Gegenspieler in unserem Leben. Jetzt bin ich natürlich ganz gespannt, wie das bei dir aussieht:

Lassen sich deine Selbstzweifel im Zaum halten oder haderst du oft mit ihnen? Steht bei dir doch eher die Selbstliebe an der Front und schickt die Zweifel gleich mal in die Ecke? Ist bei dir vielleicht aus Selbstzweifeln auch schon mal was Positives entstanden?

Jetzt freue ich mich schon total auf deine Meinung.