Gedankenplauderei, Lifestyle

In guten und in schlechten Tagen – bis dass der Tod uns scheidet

Hochzeit-Wonderfulfifty

Im Sommer durften wir an einem wunderschönen Ereignis teilhaben – eine Nichte hat nach mehrmaligen Verschiebungen aufgrund der Lock-Downs und Einschränkungen ihrem Verlobten im Beisein der Familie und der Freunde das Ja-Wort gegeben. Ein tolles Brautpaar, das selbst so viel Freude und Glück ausgestrahlt und diese Stimmung auf alle Anwesenden übertragen hat. Eine so stimmungsvolle Feier – ihr perfektes Fest, wie die Braut am Ende glücklich mit leuchtenden Augen verkündet hat. Die frisch Vermählten wollen diese Freude, diese Liebe in ihr gemeinsames Leben mitnehmen und in guten und vor allem schlechten Tagen bewahren. Wie würde ihnen das gelingen – wie werden sie das schaffen? Daher war ihre Frage an die älteren Ehepaare, die teilweise schon vierzig oder fünfzig Jahre verheiratet sind, welchen Rat sie ihnen dazu geben können.

 

Gleich und gleich gesellt sich gern

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In allfälligen Beziehungsratgebern oder auch in den gewünschten oder meist auch unerwünschten Ratschlägen wird doch meistens angeführt, wie wichtig Gemeinsamkeiten für eine gute und erfüllte Beziehung sind, wie wichtig es ist, gemeinsam Zeit zu verbringen, etwas gemeinsam zu unternehmen. Doch ist das wirklich so? Sind wirklich nur Paare zufrieden, die alles oder zumindest fast alles gemeinsam unternehmen? Verlaufen nur jene Beziehungen glücklich, bei denen die Partner ständig beisammen sind?

So steht unlängst ein Bekannter vor unserer Eingangstür und im Laufe des Gesprächs berichtet er ganz niedergeschlagen davon, dass er und seine Partnerin sich getrennt haben. Zuerst habe ich mal große Fragezeichen vor den Augen – wir haben die beiden gemeinsam vor fast dreißig Jahren kennengelernt und sie immer als zufriedenes Paar erlebt. Ja, sie waren ständig zusammen unterwegs, sie hatten die gleichen Interessen, sie liebten die gleichen Sportarten und haben sie regelmäßig gemeinsam ausgeübt, sie hatten beide eine Vorliebe für besondere Pflanzen und besondere Speisen. Sie sind immer als ausgeglichenes Doppelpack aufgetreten und jetzt das.

Für mich ist das wie ein Blitz aus heiterem Himmel, komplett unerwartet. Natürlich wissen wir nicht immer, was hinter den Kulissen und in den eigenen vier Wänden bei anderen Menschen geschieht, aber diese Trennung der Beiden hatte ich in keinster Weise vorhergesehen oder erwartet.

Doch daneben stellt hier gleich die Frage: Ist zu viel Gemeinsamkeit vielleicht auch nicht optimal? Haben diese beiden zu viel Zeit miteinander verbracht? Hat es keinen Freiraum mehr oder zu wenig Freiraum für eigene Aktivitäten gegeben? Hat sich hier die ständige Gemeinsamkeit in eine Verpflichtung verwandelt?

 

Gemeinsam und doch einsam

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So vielfältig die Beziehungen der Menschen sind, so vielfältig wird hier auch die Antwort ausfallen – meines Erachtens muss wohl jedes Paar seinen eigenen Weg finden, der für beide passt und mit dem sie beide zufrieden sind. Gemeinsame Aktivitäten sind natürlich etwas Schönes, doch wenn sie quasi nur aufgrund von Druck und Pflichtgefühl erfolgen, dann sind sie eher kontraproduktiv, schaden dem Verhältnis und können schlussendlich erst recht zur Entfremdung führen. Warum etwa unbedingt gemeinsam einen Film schauen, wenn sich einer lieber eine Dokumentation ansieht und der andere Komödien mag? Warum gemeinsam einen Tag am Wasser verbringen, wenn einer die Berge bevorzugt?

Natürlich sind in diesem Zusammenhang immer mal wieder Kompromisse erforderlich – vielleicht eben auch mal etwas unternehmen, was wir selbst nicht so gerne tun, um damit dem Partner eine Freude zu bereiten. Vielleicht auch mal auf etwas verzichten, das wir gerne hätten oder machen würden, weil der Partner damit nichts anfangen oder sich nicht damit anfreunden kann. Solange dies in einem ausgewogenen Maß verläuft, solange sich keiner dabei benachteiligt oder übergangen fühlt, ist dies doch eine schöne Lösung.

Bei der gemeinsam verbrachten Zeit sollte diese sowieso unter dem Titel „Quality-Time“ laufen – also, Zeit die wir wirklich bewusst dem Partner widmen, das kann nun ein Gespräch ohne den sonstigen Ablenkungen sein, das kann ein gemütlicher Spaziergang sein, das kann auch ein lustiges Spiel sein, das beide lieben. Es ist schlussendlich doch wohl meistens nicht die Zeitdauer, die gemeinsam verbracht wird, ausschlaggebend, sondern wie die gemeinsamen Momente gestaltet werden. Dafür könnte auch folgender Satz in leicht abgewandelter Form angewendet werden: Es geht nicht darum, der Beziehung mehr Zeit zu geben, sondern der Zeit besondere Beziehungsmomente.

 

Gegensätze ziehen sich an

Es müssen nicht alle Vorlieben, alle Neigungen gleich sein und es muss nicht alles gemeinsam unternommen werden – ein paar Gegensätze machen eine Beziehung vielleicht auch interessanter. Es werden verschiedene Gesichtspunkte eingebracht – wenn diese entsprechend vorgetragen und diskutiert werden, kann es zu offenen und aufgeschlossenen Ansichten führen, was schließlich auch zur Weiterentwicklung der Partner beiträgt.

Aber eine gewisse gemeinsame Grundhaltung oder auch ähnliche Grundeinstellung sollten meines Erachtens für das Gelingen einer Beziehung schon gegeben sein – wenn einem Partner etwa die Nachhaltigkeit besonders wichtig ist und er dies in allen Lebensbereichen berücksichtigt, so wird es mit einem konsumbezogenen Gegenüber immer wieder zu Grundsatzdiskussionen und wahrscheinlich nicht lösbaren Auseinandersetzungen kommen.

 

Wisch und weg

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Doch jetzt nochmals kurz zurück zu unserem Bekannten – er hat von seiner Partnerin in all den gemeinsamen Jahren immer von seiner „LAP“ gesprochen, wohl ohne sich dabei den eigentlichen Hintergrund dieser Bezeichnung zu überlegen. Denn LAP, also die Abkürzung für einen Lebensabschnittspartner impliziert ja eigentlich das von vorneherein, was er nun selbst erlebt hat. Die Beziehung zu einem Lebensabschnittspartner hat zwar kein vorbestimmtes Ende und ist nicht für eine bestimmte Zeitdauer geplant, doch es wird durch die Bezeichnung indirekt bereits ausgesagt, dass es sich hierbei nicht um eine Beziehung auf Lebenszeit handeln wird, sondern dass diese eben jederzeit nach dem Ablauf eines Lebensabschnitts ein Aus finden kann.

In unserem Umfeld haben sich aber generell in der letzten Zeit vermehrt einige sehr unerwartete Trennungen vollzogen. Gerne werden diese Kurzzeitbeziehungen den jüngeren Generationen zugeordnet – es wird ihnen teilweise auch vorgeworfen, eher oberflächlich zu handeln, nicht um Problemlösungen in einer Beziehung bemüht zu sein, sondern diese bei den geringsten Unstimmigkeiten zu beenden. Dabei werden auch diese Dating-Apps gerne angeführt, die zu diesem Verhalten besonders beitragen sollen, indem hier einfach bei Gefallen eines Profils nach rechts und ansonsten gleich nach links weggewischt wird. „Wisch und weg“, wenn du mir nicht oder nicht mehr passt.

 

Noch einmal und noch einmal und noch einmal

Hierbei möchte ich aber explizit anführen, dass diese Trennungen und Scheidungen in unserem Freundes- und Bekanntenkreis eben auch etliche ältere Paare, die schon Jahrzehnte verheiratet waren oder eine Beziehung geführt haben, betroffen hat. In den meisten Fällen ist dann als Trennungsgrund ein neuer Partner von einem angeführt worden, so etwa hat dies ganz klischeehaft, wie in einem schlechten Witz einen „Kurschatten“ betroffen. Eine Bekannte hat nach einem Knöchelbruch einige Zeit in einer Rehabilitationsklinik verbracht – in diesen drei Wochen hat sie tatsächlich einen neuen Mann kennengelernt und für ihn danach sofort ihre fünfundzwanzigjährige Ehe beendet. Für mich ist das zwar nicht ganz nachvollziehbar – kann ich einen Menschen in so kurzer Zeit so gut kennenlernen, dass ich mein ganzes Leben auf den Kopf stelle? Doch natürlich hatte ich keinen Einblick in ihr tatsächliches Eheleben, was hier an Problemen und Krisen vielleicht ohnehin schon unter der Oberfläche geschlummert hat oder ob es doch diese vielzitierte „Liebe auf den ersten Blick“ war, die alles Bisherige so abrupt vergessen lässt.

Aber nicht nur die Trennungen waren für mich unerwartet, sondern auch wie schnell der verlassene Partner ebenfalls wieder eine neue Beziehung gefunden hat. Das hat für mich dann fast etwas den Beigeschmack, dass diese sich selbst und natürlich vor allem ihrem ehemaligen Lebensgefährten damit beweisen wollen, dass sie auf ihn nicht angewiesen sind, dass sie sehr wohl auch genug andere Möglichkeiten haben.

In der Extremform sehen wir das doch auch immer wieder bei Prominenten wie etwa bei Liz Taylor mit ihren acht Ehen oder dem österreichischen Baumeister Lugner, der sich nach fünf geschiedenen Ehen nun zum sechsten Mal verlobt und dabei jedes Mal von der großen Liebe gesprochen hat.

 

Getrennt und doch vereint

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Wenn sich zwei Menschen kennenlernen, wenn sie schließlich eine Beziehung eingehen und vielleicht auch die Ehe schließen, dann kommt bei den meisten der Punkt, wo sie sich ein gemeinsames Zuhause schaffen, wo sie eine gemeinsame Wohnung beziehen und sich einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt schaffen. Doch auch hier habe ich Veränderungen wahrgenommen – so verbringt eine Freundin die meiste Zeit im Haus ihres Partners, sie hat aber ihre Eigentumswohnung für sich behalten.

Meine achtzigjährige Tante führt mit ihrem neuen Partner eine ähnliche Beziehung, sowohl sie als auch ihr Lebensgefährte nutzen ihre bisherigen Wohnungen weiterhin; sie haben zwar eine fixe Beziehung, dennoch hat jeder seinen eigenen Rückzugsbereich, seinen eigenen Haushalt. Sie verbringen gerne Zeit miteinander und unternehmen viel, trotzdem haben sie auch Tage, die jeder in seinen eigenen vier Wänden verbringt.

Doch nicht nur bei älteren Menschen sehe ich diese Form der „Beziehung mit Abstand“, sondern auch bei jüngeren tritt sich vermehrt auf – hier kann sie natürlich zusätzlich als Ursache auch weit von einander entfernte Arbeitsplätze oder Kinder eines Partners haben. Für diese Form der Beziehung gibt es natürlich auch eine Bezeichnung – diese Menschen werden auch „LATS“ genannt, was sich vom Englischen „Living apart together“ ableitet, und Menschen mit einer festen Beziehung, aber eben getrennten Haushalten beschreibt, die quasi das Schema „Alles kann, nichts muss“ leben. Sie können zusammen sein, wenn sie es beide wollen und Freude daran haben, müssen aber nicht, wenn sie bestimmte Alltagsgewohnheiten des Partners nicht mögen.

 

Versprechen für das Leben

Wenn wir nun noch kurz auf dieses vielfach verwendete Ehegelöbnis schauen, das wir wohl schon oftmals bei Trauungen gehört haben – „Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens“. Ein Satz, der dabei immer wieder gerne verwendet wird und es ist auch jedem verständlich, was damit aussagt werden soll. Dennoch ist es meines Erachtens bei genauer Betrachtung ein Versprechen, das wir zwar im Moment der Trauung, vielleicht noch auf rosa Wölkchen schwebend gerne abgeben, aber wir haben es schlussendlich nicht immer selbst in der Hand, ob das auch eingehalten wird oder eingehalten werden kann. Menschen entwickeln sich in ihrem Leben weiter, sie verändern sind – dabei kann es eventuell auch zu unangenehmen Entwicklungen kommen, die unserer Lebenseinstellung, die unserem Begriff von Menschlichkeit, von Ethik widersprechen. Menschen können sich zu ihren Nachteil verändern und Negatives ausleben und somit natürlich bewirken, dass sie und im Besonderen auch ihr Verhalten nicht mehr geehrt und geachtet werden können oder sollen.

 

Es gibt also wohl tausend Gründe, warum ein Paar ein Leben lang beisammen bleibt, aber es gibt wohl auch tausend Gründe, warum es dies nicht tut. Genauso gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, seine Beziehung mit seinem Partner zu gestalten.

Wie siehst du die aktuelle Situation – hast du in letzter Zeit auch an einer Hochzeit teilnehmen dürfen und wird diese mit einem optimistischen Ausblick gesehen? Erlebst du in deinem Umfeld zurzeit vermehrt Trennungen, eventuell auch bei langjährigen Beziehungen? Wie gehen die Menschen generell mit ihren Beziehungen um – wie gelingen sie und woran scheitern sie?

Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen.