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Herbstlektüre – Krimi, Familiengeschichte oder doch Thriller?

Buchherbst-Wonderfulfifty

Wenn wir uns nicht wohl fühlten, wenn wir Ärger mit der Freundin hatten, wenn eine Schulnote nicht so ausgefallen ist, wie wir das erwartet haben, wenn uns die Eltern etwas verboten haben, wenn wir uns verletzt haben, dann stand doch unsere Oma gerne parat und machte uns ein leckeres Essen – ihr Allround-Mittel für alle Arten von Wehwehchen und Kummer. Für sie musste etwas Leckeres, etwas Köstliches in den Magen und sofort ist alles andere nicht mehr wichtig und wird ausgeblendet. „Komm Kind, iss erst mal den Kuchen und dann sieht die Welt gleich ganz anders aus.“, „Jetzt noch eine Extraportion Schokolade und du wirst sehen, gleich spürst du die Schmerzen am Daumen nicht mehr“, „Ein köstlicher Tee mit meiner Spezialmischung und dein Kummer ist wie weggeblasen“ und mit einem Zwinkern in den Augen stellte sie eine dampfende Tasse vor mich hin.

Ja, das hat in vielen Fällen auch einfach wunderbar funktioniert. Ein köstliches Essen, vor allem natürlich in der liebevollen Umgebung trägt hier viel dazu bei. Doch für mich war das doch nicht immer ausreichend. Der Körper ist versorgt, die Seelenschmeichler haben volle Arbeit geleistet, aber dennoch gibt es noch jemand, der nicht ganz zufrieden ist und das ist mein Geist. Denn neben der Nahrung für den Körper brauche ich doch auch eine andere Nahrung, ja auch mein Geist will versorgt und mit Gedanken gefüttert werden. Auch der Geist will immer mal wieder Soulfood erhalten und das gelingt bei mir am besten durch das Lesen.

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Kennt ihr auch dieses Gefühl, wenn das Gehirn mal wieder nach Input verlangt, nach einer geistigen Herausforderung? Wenn die Gedanken in eine andere Welt abtauchen wollen? Wenn Platz für neue Ideen oder Überlegungen ist? Beim Lesen kann ich dann wunderbar die reale Welt ausschalten und den Gedanken freien Lauf lassen – da gibt es einerseits frische Nahrung für den Geist, neue Ideen und Eindrücke werden vermittelt und andererseits bietet mir das Lesen auch Entspannung und Erholung, ein Abschalten und Abschütteln nach einem Arbeitstag oder ein kurzes Ausklicken aus den alltäglichen Erfahrungen.

Wie toll ist doch so eine kleine Gedankenreise, eine andere Welt zu erleben und das Leben und das Schicksal der Menschen dort kennenzulernen und mit ihnen Erfahrungen machen zu dürfen, wie spannend ist doch das Mitfiebern mit den Protagonisten, wenn sie einem Verbrechen auf der Spur sind und sie einen kniffeligen Kriminalfall lösen, wie interessant ist es doch Einblicke in den Umgang mit unterschiedlichen Menschen zu erhalten.

Bücher bieten einfach so viele Möglichkeiten, angefangen von den Sachbüchern über wahre Geschichten und Tatsachenberichte, über zwischenmenschliche Beziehungen und Fantasieerlebnissen bis hin zu Kriminalfällen und Thrillern bringen die unterschiedlichen Genres doch eine tolle Palette an Auswahlmöglichkeiten. Ja und jetzt seid mal ehrlich – was gibt es denn Schöneres als sich an einem trüben und nebligen Herbsttag in eine spannende Lektüre zu vertiefen und sich von der Geschichte mitnehmen und treiben zu lassen.

 

Auris

Da ich als notorische Kettenleserin bekannt bin und fast immer ein Buch oder meinen Kindle bei mir trage – ja, irgendwie fühle ich mich immer etwas unrund, wenn ich nichts Lesbares in Griffnähe habe – hat mir Miss Travel vor Kurzem einen Thriller gebracht. Ok – das ist eigentlich im Normalfall nicht die Lektüre, die ich gezielt aussuchen würde. Das ist vielleicht mal eine Geschichte, in die ein Kriminalfall eingebettet ist, aber ein Thriller ist doch wieder etwas Anderes und ich hätte wohl selbst nie danach gegriffen. Ich lese mich aber gerne etwas quer durch das Blumenbeet und es dürfen auch immer mal wieder unterschiedliche Genres sein – was spricht also gegen einen Thriller? Warum nicht mal zu einer mysteriösen und atemraubenden Story greifen? Mit dem Gedanken „So, jetzt mal was Anderes ausprobieren“ schnappe ich mir das Buch an einem regnerischen Nachmittag und während draußen der Wind um das Haus heult und die Regenschauer niedergehen, schlage ich das Buch auf und bin gespannt, was mich erwartet.

Bedacht darauf, keine Geräusche zu verursachen, steckte er den Sicherheitsschlüssel ins Schloss. Es bedurfte nur einer Vierteldrehung, dann sprang die Tür auf. Auch damit hatte Hegel gerechnet…

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Was passiert dann? Was geht hier vor? Ich lerne hier gleich mal den ersten Protagonisten der Geschichte kennen – es handelt sich dabei um Hegel. Dieser ist ein akustischer Profiler und besitzt eine geniale und fast unvorstellbare Fähigkeit. Oder wie würdet ihr das bezeichnen, wenn jemand allein an der Stimme Eigenheiten und Eigenschaften einer Person erkennen kann und natürlich auch, ob diese die Wahrheit sagt oder eine Lüge verbreitet? Ja, mit diesem beeindruckenden Können hat er es geschafft, dass viele Kriminelle eines Verbrechens überführt werden konnten.

Nur kurz nachdem Moritz aus Julas Blick verschwunden war, vernahm sie ein Rascheln, das aus einem der Büsche zu kommen schien. Sie erschauerte für einen Augenblick. Das ist nur ein Instinkt aus der Steinzeit.. Da wird ein Baum zu einem Mann und das Rauschen des Windes im Gebüsch zu einem lauernden Säbelzahntiger.

Hier treffe ich auf die zweite Hauptperson in diesem Thriller – Jula Ansorge ist eine Radioredakteurin und betreibt privat einen Podcast über wahre Kriminalfälle. Dabei geht es ihr vor allem darum: Ist dieser Mensch tatsächlich schuldig? Hat er wirklich das Verbrechen begangen? Handelt es sich etwa doch um einen Justizirrtum?

Dabei kreuzen sich auch ihre Wege – Hegel gesteht ein total stümperhaftes Verbrechen und landet dafür im Gefängnis. Das weckt natürlich prompt Julas Interesse: Dieser hochintelligente Mensch soll diese derartig undurchdachte Tat begangen haben? Das kann doch einfach nicht stimmen.

Noch einmal richtete Hegel das Wort an Jula, und seine Stimme klang dabei so sanft in ihren Ohren, dass sie eine Gänsehaut bekam: „Merken Sie sich das bitte: Ich will nicht, dass mich jemand hier rausholt!…Sonst wird sich Ihr Leben in einen Albtraum verwandeln.“

Warum will Hegel nicht, dass sie ihm hilft? Warum will er im Gefängnis bleiben? Was verbirgt sich hinter diesem Ansinnen? Welche Bewegründe hat Hegel für sein Verhalten? Was kann ihr selbst passieren und was wird ihrer Familie zustoßen?

Uii, ich schrecke hoch, was war das denn für ein Geräusch? Hat da nicht der Boden im Vorzimmer geknackst? Der Schauer läuft meinen Rücken hinunter, die Sinnesorgane sind auf das Äußerste gespannt und ich wage kaum zu atmen. Was geht hier vor? Aber anscheinend habe ich doch nur die Spannung aus der Handlung in die Gegenwart übertragen. Oder doch nicht? Hat sich da die Türklinke nicht etwas bewegt?

Ja und kaum scheint etwas Klarheit in die Geschichte zu kommen, kaum scheint sich für Jula ein Puzzleteil zum anderen zu fügen, da tut sich auch schon die nächste Ungereimtheit auf, da wartet schon die nächste Überraschung. Bis über das Ende des Buches hinaus darf man auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Der Thriller stammt von Vincent Kliesch und ist von einer Idee von Sebastian Fitzek inspiriert. Fitzek ist wohl den Thriller-Lesern ohnehin ein Begriff – für mich war dieser Thriller der erste dieser Art und ich habe keine wirklichen Vergleiche. Daher handelt es sich auch nur um meine subjektive Meinung: es war ein absoluter Pageturner und ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen.

 

Mord in Schönbrunn

Ja, und weil es gerade so spannend ist und weil gerade ein trüber Herbsttag ist und weil ein bisschen Nervenkitzel so wunderbar in diese Zeit passt und weil es gerade so kuschelig auf der Couch ist und weil gerade das Feuer im Ofen so schön knistert, schnappe ich mir das nächste Buch. Dieses Mal ist es zwar kein Thriller, sondern ein Krimi und wie der Titel bereits verrät, spielt er in Österreich und zwar in Wien.

Man nehme ein bisschen Märchenzauber, man nehme ein bisschen Hochzeitsfieber, man nehme ein bisschen Wiener Schmäh, man nehme ein bisschen Mystik, man nehme ein bisschen Ermittlungssinn, man nehme ein bisschen Eifersucht und Rachegefühl und natürlich eine Leiche. Man schüttle und rühre alles ein bisschen durch und freue sich auf ein paar Lesestunden.

Der Wien-Krimi von Beate Maxian bietet all das: eine Leiche wird im Schlosspark von Schönbrunn gefunden. Aber nicht einfach nur abgelegt – nein, hier kommt schon mal das erste Märchen ins Spiel – die Leiche ist aufgebahrt wie Schneewittchen, von Rosen umgeben.
Bei der Toten handelt es sich um die seit Jahren verschwundene Verlobte eines prominenten Hoteliers, gefunden hat die Leiche die aktuelle Verlobte. Ist das wirklich nur Zufall? Liegt dahinter eine bestimmte Absicht? Dies ruft die Journalistin Sarah Pauli auf den Plan, die hier neben und auch mit der Polizei zu ermitteln beginnt.

Es war wie verhext. Je intensiver Sarah sich vornahm, die tote Braut aus ihren Gedanken zu verbannen, desto stärker wurde ihr Wille, ein wenig im Archiv nachzustöbern.

Sarah stößt bei ihren Recherchen immer wieder auf Symboliken und mysteriöse Spuren. Was hat dies mit einem Pentagramm und einem Pentakel zu tun? Welche Bedeutungen haben die Anzahl der Rosen? Wer ist denn eigentlich dieser Jacob?

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Sarah sah sich die Bilder näher an. Sie waren verstörend….. waren über und über beklebt mit Zeitungsartikeln, Fotos und Kopien, auf denen es nur ein Thema gab, nur ein einziges Motiv zu finden war: sie selbst.

Die Mördersuche führt uns dann schließlich an verschiedene Plätze in und um Wien. Da wird immer mal wieder die Erzählperspektive gewechselt, die Geschehnisse werden aus der Sicht von verschiedenen Personen berichtet und so erhalten wir unterschiedliche Einblicke auf die Handlung. Wir erfahren die Gedanken und Überlegungen von einzelnen Beteiligten und vor allem haben wir den Ermittlern gegenüber damit auch immer mal wieder einen Wissensvorsprung. Ja, da werden falsche Fährten gelegt, da tauchen Verdächtige auf, die dann doch wieder keine sind, da werden welche nicht verdächtigt, die dann doch ihren Beitrag geleistet haben, bis es zur endgültigen Aufklärung dieses Falls kommt.

 

Seven Days of Us

Nach diesen spannenden Lektüren will ich trotzdem friedlich schlafen können und nicht auch im Traum noch Verbrecher jagen, daher geht es jetzt in ein anderes Genre – denn besonders liebe ich Bücher, in denen es um Beziehungen, um Geheimnisse, um Familiengeschichten geht. Was dürfen zwei Menschen erleben? Welche Erfahrungen aus der Vergangenheit spielen im heutigen Familienleben eine Rolle? Wie entwickeln sich die Menschen?

Das erfüllt Francesca Hornak mit ihrem Buch – diese Handlung spielt in der Weihnachtszeit und ist somit zwar eigentlich eher eine Weihnachtsgeschichte, aber da es im Wesentlichen doch um die Beziehung zwischen den Familienmitgliedern geht, passt sie für mich auch bereits in den Herbst.

Weihnachten zusammen mit der Familie – das wünschen sich doch die meisten, ein paar schöne Tage gemeinsam verbringen. Doch was ist, wenn aus dem Wunsch ein Zwang wird? Olivia ist Ärztin und hat in Afrika Menschen mit einer ansteckenden Krankheit betreut, daher muss sie jetzt für Dauer der Inkubationszeit in Quarantäne, die sie gemeinsam mit ihrer Familie verbringt. Niemand darf das Haus verlassen, niemand darf das Haus betreten – sieben Tage lang.

You’re so busy freaking out about the third world you don’t even notice what’s going on with your family.

Sieben Tage – jeder in der Familie geht mit anderen Erwartungen an dieses Fest heran, hat Hoffnungen und eine bestimmte Haltung gegenüber den anderen. Jeder hat aber auch seine eigenen Vorstellungen für diese Zeit und vor allem jeder hat auch sein eigenes, vielfach sehr unterschiedliches Leben abseits der Familie.

I need to check my email“, said Olivia, walking out.
Lunch had been interminable, thought Andrew, back at the smoking-room desk.

Sieben Tage – die einzelnen Kapitel werden immer aus der Sicht einer anderen Person beschrieben, so erhalten wir Einblick in die Gedanken und Gefühle der verschiedenen Familienmitglieder, wir erfahren ihre heimlichen Wünsche und auch ihre Geheimnisse.

This was why she despised secrets. When they emerged, as they always did, they opened up a whole labyrinth of other unknowns.

Sieben Tage – es werden Erinnerungen hervorgekramt, es werden alte Gewohnheiten durchleuchtet und Gemeinsamkeiten wiedergefunden, nach und nach werden aber auch tiefe Gespräche geführt, es kommt zu Auseinandersetzungen und zu Aussprachen. Geheimnisse werden aufgedeckt und nehmen ihren Einfluss auf den weiteren Verlauf der Geschichte.

Einige Bücher soll man kosten, andere verschlingen, und einige wenige kauen und verdauen.
(Francis Bacon)

Ja, wir schlagen jetzt das letzte Buch zu und sind hiermit am Ende unserer Lesestunde angelangt; Gänsehaut und Spannung haben wir erlebt, ein Mitraten und Miträtseln ist dabei gewesen und zum Abschluss gab es Gefühl und Emotionen und ich darf die Feder oder besser gesagt die Tastatur jetzt an dich weiterreichen:

Gibt es Bücher, die du besonders gerne im Herbst liest, die bei dir bei stürmischem Wetter auf die kuschelige Couch gehören? Hast du generell bei Büchern ein Genre, das du bevorzugst, zu dem du immer wieder greifst oder liest du lieber querfeldein? Und natürlich interessiert mich auch: was ist dein aktuelles Lieblingsbuch?