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Dirndl – der Kuchen errötet

Dirndlschnitte-Wonderfulfifty

Wenn wir die Menschen um uns so betrachten, so verfügen sie über die unterschiedlichsten Fähigkeiten – die einen nehmen einen Stift und wie durch Zauberhand entsteht auf dem Papier ein wunderbares Kunstwerk, andere verwandeln mit ein paar Handgriffen ein einfaches Stück Holz in eine tolle Dekoration.

Es gibt Menschen, die aus ein den simpelsten Lebensmitteln die herrlichsten Gaumenfreuden zaubern und Menschen, die anscheinend nur durch ihre Anwesenheit die Blumen zum Blühen bringen, während ich es schaffe, sogar einen Kaktus in den Dursttod zu treiben. Aber was soll’s – ich bin halt weder die große Künstlerin noch das besondere Highlight in der Küche, doch ich erfreue mich gerne am grünen Daumen der anderen und genieße ihre wunderbaren Kreationen am Backofen.

 

So habe ich das Glück, dass meine Freundin mit dieser tollen Gabe gesegnet ist und aus ein paar unscheinbaren Zutaten die besten und leckersten Backwerke schafft. Ich bin immer wieder begeistert, wie sie dabei ans Werk geht und ein bisschen von dem und ein bisschen davon nimmt, es irgendwie zusammenmischt und wunderbare Köstlichkeiten schafft.

 

Dirndlmarmelade-Wonderfulfifty

 

Aber bitte jetzt nicht etwa denken, dass ich bei diesem Schaffensprozess vollkommen untätig – um die Kreativität meiner Freundin zu unterstützen und ihr bei ihren Experimenten am Backrohr in edler Weise beizustehen, bin ich natürlich gerne jederzeit bereit, mich als Versuchsperson zur Verfügung zu stellen und ihre neuesten Werke einem kritischen Urteil zu unterziehen. Meist ist da natürlich eine Kostprobe nicht ausreichend, um ein eine korrekte Beurteilung abzugeben, und es müssen weitere Stücke verkostet werden.

 

Dirndlschnitte

So war es auch letztes Wochenende wieder einmal soweit – eine neue fruchtige Kreation für den Frühling sollte erstellt werden und ich nahm meine Aufgabe natürlich besonders ernst. Der Kuchen wurde nicht nur lecker, er wurde richtig köstlich – eine wunderbare Verheißung für die schöne und warme Zeit, auch wenn uns die Temperaturen im Augenblick etwas im Stich lassen und ein kleiner Wintereinbruch die ersten Maitage dominiert.

Jedenfalls war ich von dem Ergebnis so begeistert, dass mir meine Freundin schließlich eine kurze Zusammenfassung ihres Fabrikats gerne überlassen hat. Nun stehe ich also vor der neuen Herausforderung, diese Kreation selbst auch herzustellen – wer Lust hat, ist natürlich ganz herzlich eingeladen, jetzt mit mir den Kochlöffel zu schwingen und eine Dirndlschnitte zu fabrizieren.

Dazu geht es zuerst einmal an den Teig – wir benötigen Zutaten, die wohl jeder fast immer zu Hause hat:

  • 6 Eier
  • 15 dag Zucker
  • 7 dag Mehl
  • 6 dag geriebene Nüsse
  • 5 dag geriebene Schokolade
  • 5 Esslöffel Öl
  • Zimt

Die Eier trennen und die Eiklar mit dem Zucker zu festen Schnee schlagen.
Die Dotter mit dem Öl vermengen und unter die Schneemasse heben.
Nüsse, Schokolade, Zimt und Mehl vermengen und unter die Schnee-Dotter-Masse heben.
Die Masse auf das Backblech streichen und schon geht’s damit ab in das Rohr.

 

Dirndlschnitte-Wonderfulfifty

 

Das war ja mal einfach und ratzfatz erledigt – ein köstlicher Duft weht uns bereits aus dem Backofen entgegen und lädt schon zum Naschen und Kosten ein. Aber bevor wir uns den Genüssen hingeben, geht es jetzt zuerst mal mit folgenden Zutaten an die Creme:

  • 25 dag Topfen
  • ¼ l Joghurt
  • 15 dag Staubzucker
  • Saft von einer Zitrone
  • ½ l Schlagobers
  • 7 Blatt Gelantine

Topfen, Joghurt, Zucker und Zitronensaft verrühren.
Schlagobers steif schlagen und unter die Topfenmasse heben.
Gelantineblätter in kalten Wasser einweichen, in heißem Wasser auflösen und in die Masse einrühren.
Creme auf dem ausgekühlten Boden verteilen.

 

Unser Kuchen sieht ja mittlerweile schon ganz lecker aus, aber das eigentliche Highlight kommt ja erst und zwar der „Dirndlspiegel“.

Wer jetzt etwas verwundert guckt – keine Sorge, die Aufklärung folgt schon und mein kleines Klugscheißerchen kann’s mal wieder nicht lassen und rückt gleich mal mit seinen Geografie- und Biologiekenntnissen hervor.

 

Dirndl

Das Wort „Dirndl“ hat ja verschiedene Bedeutungen: zuerst einmal finden wir diese Bezeichnung gleich mal im Dialekt – hier wird mit Dirndl ein junges Mädchen bezeichnet, des Weiteren verbirgt sich hinter diesem Wort auch ein traditionelles, mehrteiliges Kleidungsstück, das trachtigen Charakter hat. Wer kennt denn nicht das Dirndl, das vor allem in Österreich und Bayern von den Mädchen und Frauen auch gerne zu feierlichen Anlässen getragen wird?

Der dritte Punkt beschreibt eine rote Wildfrucht, die besonders im Dirndltal in Niederösterreich vertreten ist. Was für Japan die Kirschblüte, für die Wachau die Marillenblüte ist, das ist im Dirndltal die Dirndlblüte; wer im Frühling im Dirndltal unterwegs ist, der sieht an den Hängen die Vielzahl der „Dirndlstauden“ mit den intensiv gelben Blüten. Tausende Sträucher, teilweise über mehrere 100 Jahre alt bilden ein stimmungsvolles, frühlingshaftes Bild und laden zu einem kleinen Spaziergang in der blühenden Natur ein.

 

Dirndlblüte-Wonderfulfifty

 

Im Spätsommer entstehen schließlich die länglichen, kleinen roten Früchte; diese werden erst geerntet, wenn sie selbst vom Strauch abgefallen sind. Jetzt beginnt dann der richtige Aufwand für die Bauern, denn die Dirndl ist eine sehr kleine Frucht und hat außerdem noch einen verhältnismäßig großen Kern, sodass für die Weiterverarbeitung eine Menge an kleinen Dirndln notwendig ist.

Wenn genügend dieser saftigen, leicht säuerlichen Dirndln gesammelt sind, dann geht es an die Herstellung der verschiedensten Produkte – allem voran natürlich die Dirndlmarmelade und das Dirndlgelee, aber es gibt auch Dirndl-Chutney, Dirndlfruchtriegel, Dirndlschokolade und natürlich eingelegte Dirndl. Doch nicht nur bei den Speisen auch bei den Getränken ist die Dirndl im Dirndltal stark vertreten – so werden aus vielen dieser kleinen Dinger schließlich Dirndlsirup, Dirndllikör, Dirndl-Edelbrand, Dirndlbrandy und sogar Dirndlbier erzeugt. Eine kleine Wunderfrucht, die so vielfach verwendet und verarbeitet werden kann.

Bei dieser Vielzahl an unterschiedlichen Dirndlprodukten braucht es dann natürlich auch einen würdigen Vertreter und so werden alle paar Jahre eine Dirndlkönigin und eine Dirndlprinzessin gewählt, die mit der Krone auf dem Haupt ihr Heimattal nach außen hin präsentieren.

Übriges, in den Lehrbüchern wird diese Dirndl auch als Kornelkirsche oder Gelber Hartriegel bezeichnet.

 

Dirndlspiegel

Jetzt aber genug des Drumherums, wir wollen uns ja nicht nur theoretisches Wissen aneignen, wir wollen ja etwas zum Verkosten – so geht es wieder zu unserem Kuchen, die Creme auf dem Kuchen ist inzwischen fest geworden und der nächste Arbeitsschritt wartet bereits auf uns. Für den Dirndlspiegel brauchen wir folgende Zutaten:

  • 30 dag Dirndlmarmelade
  • 30 dag Dirndlgelee
  • Saft einer Zitrone
  • etwas Zucker
  • 10 Blatt Gelantine

Gelee, Marmelade, Zitronensaft und Zucker nach Bedarf verrühren.
Gelantineblätter wieder einweichen, auflösen und in das Dirndlmus einrühren.
Dirndlspiegel auf die Creme streichen und den Kuchen für ein paar Stunden kalt stellen.

 

Dirndlschnitte-Wonderfulfifty

 

Fertig ist unsere köstliche Dirndlschnitte – ich mag diesen Dirndlspiegel vor allem auch deshalb, weil durch die leicht säuerliche Dirndlfrucht der Geschmack ganz besonders ist. Was sagt ihr nun: Waren wir nicht toll? Haben wir nicht auch einen wunderbaren Kuchen gezaubert?

Jetzt haben wir es uns doch einfach verdient, unser Backwerk zu genießen – wir machen es uns gemütlich, ein Tasse Tee und eine Kuscheldecke passen bei den derzeit frostigen Temperaturen wohl am besten dazu, vielleicht sogar noch einmal ein knisterndes Feuer im Ofen entfacht, wenn sich das Thermometer gar so sehr unter die 10-Grad-Grenze zurückzieht.

Nun mit der Gabel den ersten Bissen unserer Dirndlschnitte aufnehmen und den Geschmack einfach genießen, den flaumigen Kuchen schmecken, die Topfencreme verkosten und natürlich den besonderen Dirndlspiegel auf unsere Geschmacksknospen wirken lassen und das Allerwichtigste – sich dabei so richtig wohlfühlen. Ich hoffe, ihr hattet an unserer kleinen Backstunde auch so viel Vergnügen und lasst euch die Dirndlschnitte schmecken.

 

Aber so einfach kommt ihr mir jetzt noch nicht davon – ich möchte auch gerne deine Meinung dazu erfahren:

Bist du ein kleiner Künstler am Backofen oder lässt du dich doch eher lieber bekochen und „bebacken“, bist du eher der Macher oder der Genießer und einfach beides? Kennst du eigentlich das Dirndltal und die Dirndlfrucht – hast du bereits einmal Dirndlprodukte verkostet?

 

Nach meiner Blogpause freue ich mich natürlich ganz besonders wieder auf eure Kommentare – der Austausch mit euch ist doch immer wieder interessant und erfrischend. Also lasst mich teilhaben an euren Gedanken.