Books, Lifestyle

Das Jahr ohne Worte – Schicksalsschlag oder Liebesgeschichte?

BuchAtlas-Wonderfulfifty
Werbung durch Firmennennung, unbeauftragt und kein Affiliate Link

Ich weiß ja nicht, wie es euch da geht – aber Pakete sind für mich immer etwas Schönes und bringen mir bereits Freude, wenn sie mir der Postbote übergibt, wenn sie beim Nachhausekommen vor der Eingangstür liegen und das auch dann, wenn ich den Inhalt noch gar nicht genau kenne. Diese Spannung beim Öffnen und wenn der Inhalt dann in meinen Händen liegt und wenn es sich schließlich dabei auch noch um ein Buch handelt, dann schlägt mein Leserherz gleich nochmals höher und so ist es auch bei diesem Buch vom Wunderlich-Verlag.

BuchAtlas-Wonderfulfifty

Ich lese den Großteil meiner Bücher seit vielen Jahren auf dem Kindle und liebe es absolut, dadurch immer gleich mehrere Lektüren bei mir haben, wenn ich unterwegs bin, wenn ich irgendwo warten muss, wenn ich zwischendurch gerade Zeit habe. Daher hat es natürlich für mich einen besonderen Zauber, mal wieder ein gedrucktes Buch in der Hand zu haben und diesen unverkennbaren Geruch einzuatmen – es geht doch nichts über diesen Duft eines neuen quasi druckfrischen Buches. Aber ich liebe auch das Geräusch vom Rascheln der Blätter beim Umblättern auf die nächsten Buchseiten.

Bücher haben bei mir einen ganz besonderen Stellenwert, bereits seit der Kindheit, als es noch keinen Gedanken an E-Books gegeben hat. Sie sind wie kleine Freunde und entsprechend werden sie auch behandelt. Ein eventueller Umschlag wird beim Lesen entfernt, damit er nur ja keinen Knick erhält, das Buch wird vorsichtig und gegebenenfalls nicht zu weit aufgeklappt, damit der Buchrücken seine schöne Form behält und keine hässlichen Dellen entstehen. Ach ja, und dass keine Eselohren entstehen dürfen oder Seitenmarkierungen durch Abknicken der Seitenecken durchgeführt werden, ist natürlich selbstverständlich und muss eigentlich gar nicht extra erwähnt werden.

 

Mein erster Eindruck

Doch jetzt wieder zurück zu meinem Buch: es kommt daher mit einem farbenfrohen Umschlag, der so richtig Lebensfreude widerspiegelt und das trotz des nicht immer leichten Inhalts, aber vielleicht auch gerade wegen der Dramatik der Geschichte wird mit diesen fast regenbogenartigen Farben wieder Hoffnung und Zuversicht vermittelt und gezeigt, dass auch wenn sich Schritt für Schritt die Lage immer mehr verschlimmert, wenn sich von Jahreszeit zu Jahreszeit die Farben verdunkeln, es dann mit der 5. Jahreszeit wieder einen Lichtblick, ein Aufraffen und ein Erheben gibt.

BuchAtlas-Wonderfulfifty

Mit in dem Paket befinden sich zusätzlich farbige Karten, die mit ihrer Farbe jeweils einem bestimmten Abschnitt des Buches zugeordnet und mit einem signifikanten Spruch daraus bedruckt sind. Besonders schön dabei finde ich, dass eine der Karten zusätzlich von der Autorin Syd Atlas persönlich mit einer Widmung versehen ist.

Syd Atlas stammt aus New York und war anfangs in der Filmbranche beheimatet, mittlerweile lebt sie in Berlin und arbeitet als Coach für Rhetorik und Kommunikation.

 

Wovon handelt das Buch?

Beim Inhalt fällt es mir jetzt etwas schwerer, denn ich liebe es, mich ohne Vorbehalte auf eine Geschichte einzulassen. Daher lese ich bei Büchern, die ich von lieben Menschen zum Lesen bekomme, die mir als Geschenk übergeben werden, meist nicht einmal den Klappentext, sondern steige direkt in die Handlung ein, ohne irgendein Vorwissen, wer im Mittelpunkt der Geschichte steht, was ihre Grundlage bildet und von welchem Geschehen sie handelt.

 

BuchAtlas-Wonderfulfifty

Bei „Das Jahr ohne Worte“ erwartet uns keine erfundene Geschichte, sondern wir tauchen in das reale Leben ein und erhalten persönliche Einblicke in einige Lebensjahre der Autorin, also eine Geschichte, wie sie das Leben selbst schrieb. In dem Buch beschreibt Syd Atlas einerseits die besondere Liebesgeschichte zwischen ihr und Theo und thematisiert andererseits offen die schwere und unheilbare Erkrankung ihres Mannes.

Syd und Theo begegnen sich das erste Mal im Cafe „Sowohlalsauch“ und sie ist sich gleich sicher, dass er ihre große Liebe ist.

.. er hat Humor, er ist gutaussehend, und er hat eine verdammte Vespa – in „La Dolce Vita“ fahren sie doch auch immer Vespa, oder? Das ist jetzt mein Dolce Vita, genauso fühlt es sich an.

So genießen die Beiden ihr Liebesglück und bauen sich mit Henry, dem Sohn aus Syds erster Ehe, ein gemeinsames heimeliges Zuhause auf. Kleine Krisen zwischendurch werden von dem Paar gemeistert und so findet ihr Glück seine Krönung in dem gemeinsamen Sohn Sam.

Syd steigt schließlich mit großer Freude und voller Tatendrang wieder in das Berufsleben ein und hat dabei unerwartet gleich großen Erfolg als Coach. Doch nach diesen glücklichen und zufriedenen Jahren für die kleine Familie schlägt das Schicksal zu und bei Theo wird die Krankheit ALS diagnostiziert.

Kleiner Exkurs: Amyotrophe Lateralsklerose ist eine neurologische Erkrankung, die vor allem durch den Astrophysiker Stephen Hawking bekannt geworden ist – dabei kommt es durch die Erkrankung von Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark zu einer fortschreitenden Lähmung der Muskulatur. Die durchschnittliche Überlebenszeit beträgt drei bis fünf Jahre. Vielleicht ist noch einigen diese im Juli 2014 gestartete Ice-Bucket-Challenge in Erinnerung, bei der Geld für die Erforschung dieser Krankheit gesammelt worden ist.

Theo findet sich sofort mit seinem unabwendbaren Schicksal ab, aber Syd wehrt sich anfangs mit aller Kraft gegen diese Diagnose, geht von einem falschen Befund aus und klammert sich an eine jede noch so kleine Hoffnung – so werden auf ihre Anregung hin unterschiedliche Fachärzte, aber auch Heiler konsultiert.

Oft möchte man sich weismachen, dass etwas, solange man es nicht ausspricht, auch nicht existiert. Deshalb haben Generationen von Menschen, so vermute ich, das Wort Krebs bloß geflüstert.

Doch Theos Gesundheitszustand verschlechtert sich immer mehr und er verliert als erstes nach und nach seine Stimme, sodass er schließlich mit seinen Mitmenschen nur mehr über eine Computerstimme kommunizieren kann. Obwohl sich auch seine Persönlichkeit im Verlauf der Krankheit zusehends ändert, hält Syd an ihrer unerschütterlichen Liebe zu ihm fest, sie ist für Theo da und kümmert sich um ihn, versucht daneben auch den Kindern ein glückliches Aufwachsen und einen halbwegs normalen Tagesablauf zu ermöglichen und hat zusätzlich ihren Job zu managen. „One day at a time“ wird zu ihrem Mantra. Ja und dann passiert etwas Unerwartetes, etwas, das ihr endgültig den Boden unter den Füßen wegzieht…

 

Schicksalsschlag oder Liebesgeschichte

Für mich ist dieses Buch eine schöne Kombination aus beidem, die Liebe zwischen Syd und Theo trägt wesentlich zum Verlauf der Handlung bei und bildet die Grundlage der Geschichte, es wird aber auch der Schicksalsschlag in Form der Krankheit ALS beschrieben.

Auf den Verlauf dieser Krankheit wird im Fortschreiten der Geschichte immer wieder eingegangen, vor allem aber darauf, welch unmittelbare Auswirkungen dieser auf das Leben von Syd und Theo als Paar und gemeinsam mit ihren Kindern Henry und Sam als Familie hat. Doch auch die Beziehung zu den Freunden und Bekannten bleibt von den Folgen der Krankheit und vom Kampf gegen das Fortschreiten der Symptome nicht unberührt. Dabei wird weder über dieses Schicksal, über diese gefühlte Ungerechtigkeit lamentiert und rumjammert noch werden Situationen im Krankheitsverlauf, aber auch im Zusammenleben der Beiden und innerhalb der Familie geschönt dargestellt, sondern es wird neben der Liebesgeschichte auch offen an die Themen Krankheit und Sterben herangegangen. Es werden sowohl die schlimmen und tragischen Seiten als auch die Hoffnungsschimmer im Laufe der Handlung in einer natürlichen Sprache dargestellt.

 

Nachdenklich und berührend

Diese Situation, dieser Schicksalsschlag lässt mich sehr nachdenklich zurück und das aus zwei Gründen. Es stellt sich bei dieser Lektüre natürlich gleich mal die Frage, wie würde ich mit einem derartig einschneidenden Erlebnis umgehen? Wie würde ich auf die Veränderung des Partners oder einer nahen Person reagieren – hier kommt natürlich seine Reaktion und sein Umgang mit der Krankheit zum Tragen, ständige Schmerzen, das Nachlassen der körperlichen Fähigkeiten haben sicherlich einen großen Einfluss auf die Psyche und führen zu Einschränkungen. Jeder geht mit dieser großen Beeinträchtigung der Lebensqualität anders um und es können sich hier im Laufe der Krankheit aufgrund dieser Belastung veränderte Charakterzüge zeigen.

BuchAtlas-Wonderfulfifty

Doch auch die Krankheit selbst nicht nur deren Auswirkungen können einen Menschen verändern, können aus einem geduldigen und friedfertigen Menschen einen Choleriker machen, können einen lebenslustigen Menschen in einen lethargischen verwandeln.

„Mit jedem Tag verliert er etwas von dem Mann, der er einmal gewesen ist.“

Wie werde ich damit fertig, wenn mein Partner sich plötzlich ganz anders verhält, wenn ich sein Verhalten nicht mit dem mir bekannten Wesen übereinstimmt? Kann ich damit umgehen, dass mir hier dann ein total veränderter Mensch gegenübersteht? Was macht dies generell mit einer Beziehung, wie wirkt sich das auf die Gemeinsamkeit und das Zusammensein aus? Kann ich mit dem veränderten Verhalten des betroffenen Menschen umgehen – zumal diese Verwandlung diesem vielleicht gar nicht wirklich bewusst ist?

Verändere ich mich vielleicht auch selbst durch die Belastung, durch die angespannte Situation, durch das Geschehen selbst? Entwickle ich dabei vielleicht auch andere Charakterzüge, ein anderes Verhalten, sodass ein gemeinsamer Konsens nicht mehr gefunden wird oder vielleicht verändern wir uns in eine neue andere und doch wieder stimmige Richtung gemeinsam? Solche Situationen sind schwer sowohl für die betroffene Person, da sie dies körperlich, vielleicht auch geistig erleidet und dadurch wütend und verärgert über das Geschehene ist, als auch für die nahen Menschen, die das Leid sehen, die sich zwar kümmern, aber die Last nicht teilweise abnehmen, sondern vielleicht nur etwas mildern können.

„Heißt es, dass ich Theo nicht liebe, wenn ich nicht möchte, dass er leidet?“

BuchAtlas-Wonderfulfifty

ALS ist eine sehr seltene Krankheit und nur wenige Menschen sind davon betroffen. Trotzdem zeigt uns diese wahre Geschichte, dass es schnell und unerwartet jeden treffen kann, dass wir keine Wunderwuzzis und über alles erhaben sind.

Das soll jetzt keine Aufforderung sein, Trübsal zu blasen und gedanklich alle möglichen Katastrophen heraufzubeschwören, sondern sich einfach die schönen Momente öfter bewusst zu machen, sie zu genießen und nicht als Selbstverständlichkeit anzusehen. Ein bisschen Dankbarkeit tut da absolut auch immer wieder mal gut.

Denn wie oft sind es Kleinigkeiten, von denen wir uns den Tag verderben lassen, unwesentliche Dinge, die uns unsere Laune steil bergab schicken, vielleicht Punkte, die uns am nächsten Tag oder auch schon in der nächsten Stunde nicht mehr tangieren, aber die unsere Mundwickel ganz schön nach unten gezogen haben. Es hilft hier sicher, sich das Schöne wirklich bewusst zu machen, auch mal über Dinge, mit denen wir nicht so richtig einverstanden sind, hinwegsehen und nicht jedes Wort eines lieben Menschen gleich mal auf die Goldwaage zu legen und zu analysieren oder hinter jeder noch so unbedeutenden Handlung etwas zu vermuten.

 

Mit einer Menge Fragen an mich selbst bin ich aus der Geschichte herausgegangen, obwohl mich diese Thematik zurzeit nicht wirklich betrifft, hat sich mich doch sehr beschäftigt.

Doch jetzt wende ich mich mit meinen Fragen an dich: Kennst du dieses Buch und wie hat es dir gefallen? Liest du öfters Bücher, die auf wahren Begebenheiten beruhen? Interessieren dich Bücher, die einen schweren Schicksalsschlag als Grundlage haben? Und natürlich interessiert mich auch, welche Lektüre derzeit auf deinem Nachttisch liegt? Ich freue mich auf deine Antworten.